PIKE SYSTEM
PILATI, GAETANO,
PILGERLOGE
PILGRAM. ANTON,
PILLAR
PILO, KARL GUSTAV,
PILZ KARL GOTTLIEB
PINGRE, ALÉXANDRE GUI,
PINKOW, HANS,
PIPER, ARTHUR WILLIAM,
PITAVAL, DER FREIMAURERISCHE. PIUS, PÄPSTE.
PLANCHE
PLANCHE À TRACER
PLANTAGENET, EDOUARD
PLASTISCHE RELIGIONSPHILOSOPHIE
PLOMMENFELDT, KARL ANDREAS,
PLOT, ROBERT,
PLUMB
PLUMB-RULE
PLUMENÖCK, KARL HÜBERT LOBREICH VON,
PLUMMER, HENRY CROZIER,
PLURALISMUS,
P.M.
PODOSKI,
POERBOHADI NINGRAT,
POETA LAUREATAS.
POINT WITHIN A CIRCLE
POINTS DE PERFECTION
POLARFORSCHER-LOGE,
POLEN.

Pike System
(engl.), System Pike, wird in Amerika die von Albert Pike (s.d.) revidierte Form des A. u. A. Schottischen Ritus genannt, wie sie von der Südlichen Jurisdiktion von Nordamerika (mit Sitz in Washington) bearbeitet wird.
Pike ordnet die 33 Grade in folgende Gruppen:
1. Symbolische Grade (in symbolischen Logen erteilt) I.—III.
2. Unausaprechliche (Ineffable) Grade (in Perfektionslogen) IV.—XIV.
3. Grade des Zweiten Tempels (in Kapiteln vom Rosenkreuz) XV.—XVI.
4. Grade des Neuen Gesetzes (in Kapiteln vom Rosenkreuz) XVII.—XVIII
5. Philosophische und Rittergrade (in Praeceptorei und Konsistorium) XIX.—XXXII.
6. Amtegrad (im Obersten Rat) XXXIII.

Pilati, Gaetano,
italienischer sozialistischer Abgeordneter, Kriegsinvalide, mit der silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet, Freimaurer, wurde in der ,,Bartholomäusnacht" von Florenz (3./4. Oktober 1925) von einem Fascistentrupp überfallen, im Bett liegend, in Gegenwart von Frau und Sohn, erschossen (s.Fascimus).
Pilgerloge
Nr. 238 in London, 1779 von Leonhardi, einem Freund Zinnendorfs, gegründete erste deutsche Loge in England; sie untersteht der Vereinigten Großloge von England, war 70 Jahre nach dem Zinnendorf-Ritual tätig, um dann zum Hamburger Ritual Überzugehen, das sie auch heute noch bearbeitet. Während des Weltkrieges ruhten die Arbeiten. Seit 1908 besteht in London eine zweite deutsche Loge, die Deutschland-Loge".
Pilgram. Anton,
Dombaumeister des St.Stephans-Domes in Wien, zirka 1512, dessen Steinbild sich unter der spätgotischen Kanzel des Mittelschiffes befindet, wurde in Brün in Mähren geboren. Die Skulptur zeigt den Meister, wie er, den Zirkel in der Hand, das Fenster offnet. Darüber auf einem Schild sein Steinmetzzeichen.
Pillar
(engL), s. Säule.
Pilo, Karl Gustav,
Graf, schwedischer Maler, *1711, t 1793, 1747 Hofmaler in Kopenhagen, hervorragender Porträtist, von 1771 an Direktor der dänischen Königlichen Kunstakademie, wurde 1744 in der Kopenhagener Loge ,,St. Martina aufgenommen.
Pilz Karl Gottlieb
Lehrer, *1821 t l905, trat 1855 der Loge ,,Apollo" in Leipzig bei und entwickelte eine umfangreiche schriftstellerische Tätigkeit. Er leitete seit 1878 die ,,Freimaurer-Zeitung".
Pingre, Aléxandre Gui,
PINGRÉ, Alexandre-Guy
Französischer Astronom, * 1711, t 1796, Kanonikus und Bibliothekar von St. Geneviéve in Paris, Mitglied der Akademie der Wissenschaften Kanzler der Universitäts Herausgeber des nautischen Kalenders ,,Etat du ciel", Verfasser der ,,Cométographie", beschrieb die Bahnen von 24 kometen, war Zweiter Aufscher der ,,Chambre des Provinces" des Großorients und Meister vom Stuhl einer Pariser Loge.
Pinkow, Hans,
Redakteur der ,,Kölnischen Zeitung", Stuhlmeister der Loge ,,Minerva Rhenana" in Köln, veroffentlichte 1924 ,,Macht und Einfluß der Freimaurerei".
Piper, Arthur William,
australischer Richter, * 1865, Präsident der Literarischen Gesellschaft der Union sowie der Koniglichen Geographischen Gesellschaft für Australasien, war 1919—1924 und 1929 Großmeister der Großloge von Südaustralien.
Pitaval, Der freimaurerische.
Zu den gegnerischen Vorstellungen gehört auch die lange Liste von angeblichen ,,Freimaurermorden" (s.d.), die im 18. Jahrhundert beginnt und mit dem Thronfolgermord in Sarajevo — wie bestimmt anzunehmen ist — noch nicht abgeschlossen sein wird. Dabei werden alle politischen Morde kritiklos den Freimaurern in die Schuhe geschoben, auch wenn sie nachweislich von Organisationen oder Personen ausgehen, die mit der Freimaurerei in keinerlei Beziehung stehen. So wurde 1833 an vier italienischen Emigranten in Marseille ein politischer Mord verübt.
Die Täter waren ebenso sicher Carbonari wie die Mörder des französischen Gesandten Rossi, der 1848 in Rom einem Attentate zum Opfer fiel. Man beschuldigte die Freimaurer des Mordes an König Gustav III. von Schweden, der 1792 von Anckarström auf einem Maskenball ermordet wurde (s. Schweden). Für die Verbürgtheit dieser Nachricht setzte sich insbesondere der Jesuitenpater Abel in Wien ein, der Freimaurer und Illuminaten des Mordes bezichtigte. Die Literatur der ,,Freimaurermorde" haben insbesondere Wichtl, Ludendorff und Schwartz-Bostunitsch vermehrt.
Als ,,Freimaurermorde" in Frankreich z.B. werden bezeichnet: dasAttentat auf den Präsidenten Sadi Carnot, der plötzlicheTod des Präsidenten Felix Fauré, ferner die Todesfälle des Abgeordneten Chaul, des Präfekten Laurenceau, des Gefängnisbeamten Rocher, des Hauptmanns Valerio und der Selbstmord des Generalstäblers André, sämtlich Persönlichkeiten aus dem Dreyfus Prozeß. Paul I. von Rußland ist von den ,,Freimaurern" Fürst Jaschwill, Argamakow und Graf Zubow ermordet worden, Ebenso war Graf Pahlen in diesem Zusammenhange ,,Freimaurer" !
Schwartz-Bostunitsch blieb es vorbehalten, auch zwischen dem Ritualmordmärchen und den Freimaurermorden Beziehungen herzustellen. Besonders üppig ist die Phantasie Ludendorffs und seiner Frau, die auch Schiller zum Freimaureropfer machen, wobei Goethe, der Freimaurer und Illuminat, zumindest Mitwisser der schwarzen Plane war. Taxil, der besonders schöpferisch in dieser Beziehung war, erwähnt weiters als ,,Freimaurermorde" das Attentat auf den Marschall Prim (1870) in Madrid, Garcia Moreno, Präsident von Ecuador (1875), Leon Gambetta (1882), General Quesnet (1815), den Mord an der Prinzessin Lamballe (1792) u. v. a.

Der Sinn dieser Mordbezichtigungen ist nicht nur, die von deren Urhebern behauptete besondere Gefährlichkeit ins rechte Licht zu setzen, sondern sehr oft auch die Hebung des persönlichen Ansehens der Autoren vor dem Leser. Leon Taxil schreibt z. B. in ,,Les Mystéres de la Franc-Maçonnerie", Seite 12: ,,Wenn ich eines schönen Tages durch einen Dolchstoß oder eine Pistolenkugel enden sollte, dann kennt man die Tür, durch die meine Morder gekommen sind." Schwartz-Bostunitsch und Ludendorff publizierten apokryphe ,,Todesurteile", die ihnen von freimaurerischer Seite zugekommen seien.
Und auch Wichtl, ihr Lehrmeister, kokettierte mit diesem Gedanken, hob die Gefährlichkeit hervor, unter der er sich das Material verschaffen mußte; heute wissen wir. daß es ihm von einer amtlichen Berliner Stelle ins Haus zugeschickt wurde, nachdem Gustav Meyrink die Bearbeitung abgelehnt hatte. Er hat es auch zu einem fiktiven Attentat gebracht. Jemand schoß, als er im Garten spazieren ging. Wer schoß und wohin der Schuß gegeben wurde, ob es ein Schuß oder ein platzender Autoreifen war, wer will das entscheiden? Jedenfalls hat es Larm gemacht. Und darauf komst es den Verfassern des freimaurerischen P. in erster Linie an !
Pius, Päpste.
1. P. VII., Gregorius Barnabas, Graf Chiaramonti, * 1742, t 1823, gewählt 1800, der am 7. August 1814 den Jesuitenorden wiederherstellte erließ eine Woche später eine Bulle gegen die ,,abscheuliche Pest" der Freimaurerei. Diese Verordnung bezeichnete die Carbonari als ,,neu ersonnenen Namen für Freimaurer".

2. P. IX., Giovanni Maria, Graf Mastai - Feretti, * 1792, t 1878, gewählt 1846, verkündete das Dogma von der unbefleckten Empfängnis, verlor den Kirchenstaat, bekämpfte die Freimaurerei in sieben Kundgebungen (s. Bluntschli und Rittershaus). Das Freimaurermuseum in Bayreuth besitzt eine offensichtlich gefalschte Photographie des Papstes, der über der papstlichen Stola ein gesticktes Freimaurerband trägt.
Die Falschmeldung von der Zugehörigkeit des Papstes zum Bunde tauchte zur Zeit seiner Wahl und später wiederholt auf, so daß er ihr selbst 1849 entgegentreten mußte. So wurde behauptet, daß P. IX. in der Loge ,,Eterna Catena" in Palermo am 15. August 1839 aufgenommen worden sei. Verwiesen wird hierbei auf eine Loge ,,Zur deutschen Treue" in Nürnberg, die eine Kopie des Aufnahmsdokuments besitzen solle. Eine solche Loge hat es aber niemals gegeben, ebenso wenig, wie der unterzeichnete Wilhelm von Wittelsburg, Prinz von Bayern, jemals Großmeister einer — nie existierenden —Großloge Bayerns gewesen ist (s. auch Mastai-Feretti und Papste).

3. P. XI., Achille Ratti, * 1857, Papst seit 1922, wandte sich 1929 in einer Ansprache an polnische Pilger gegen die Freimaurer, die er als ,,Kräfte der Hölle" bezeichnete. Er ermahnte zum Beten, ,,da gegen diesen Feind menschliche Kraft nicht ausreiche". 1925 forderte er in der Enzyklika ,,Quas prima" energischen Kampf gegen den Laizismus (s. d.), gegen die Verweltlichung der menschlichen Gesellschaft oder ihre Lostrennung von Gott und Christus, ,,die Pest des modernen Zeitalters". Dieser Kampf richtet sich nach Gruber (s.d.) ,,auch gegen die Freimaurerei als Verbindung und geistige Richtung, insoferne sie auf Grund ihres naturalistisch-humanitären antisupranaturalistischen Fundamentalprinzips von wirklich Unterrichteten als die Hauptförderin dieses Laizismus bezeichnet und anerkannt wird".
Planche
PLANCHE
(frz.), Brief, Mitteilung.
Planche à tracer
Mackey
(frz.), Reifibrett.
Plantagenet, Edouard
(E J. Engel) Professor am College des Sciences Sociales in Paris, * 1892, geschatzter freimaurerischer Schriftsteller, Autor von ,,La Franc-Maçonnerie francaise...", ,,Causeries Initiatiques" (drei Bandchen für Lehrlinge, Gesellen und Meister), Herausgeber und Leiter der ,,Annales Maçonniques" und der pazifistischen Schrift ,,La Paix", Gründer der französischen Landesgruppe der Allgemeinen Freimaurerliga, Ausschubmitglied der Liga, Vorstandsmitglied der französischen Gruppe für den Völkerbund und die deutsch-französische Annäherung ,,Fraternité-Reconciliation", Wiedererwecker und Erster Stuhlmeister der in deutscher Sprache arbeitenden Pariser Loge ,,Goethe" der Grande Loge de France.
Plastische Religionsphilosophie
nennt die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland in ihrer offiziellen Aufklarungsschrift von 1929 übungsweise und Inhalt ihrer Lehrart: Plastisch, weil sie nicht allein durch das Wort sondern wesentlich durch Handlungen wirkt Religionsphilosophie, weil sie weder eigene Religion sein noch die Kirche ersetzen will.
Plommenfeldt, Karl Andreas,
schwedischer Zeremonienmeister, * 1750, wurde 1782 wegen Hochverrates und einer Schmähschrift auf die königliche Familie zum Tode verurteilt, entkam jedoch in der Verkleidung eines Matrosen. Er gehorte vorher dem Klerikat (s.d.) an und behauptete, in Florenz aufgenommen worden zu sein (a Stella immaculata). Der dort unter dem Namen Herzog von Albany lebende Prätendent Karl Eduard Stuart hatte sich ihm als Ordensoberer zu erkennen gegeben. Auf dem Konvent der Strikten Observanz in Wolfenbüttel 1778 machte er geheimnisvolle Andeutungen, der Prätendent stehe mit dem Eques a Falcone II in Verbindung, um ihm die Großmeisterwürde abzutreten.
Dieser Falkenritter sei niemand anderer als Kaiser Joseph II. Auch bei der Vereinigung Schwedens mit der VII (deutschen) Provinz des Templerordens spielte er eine Rolle. Seine Angaben erwiesen sich durchwegs als unwahr. Nach seiner Verurteilung (1782) wurde er nach einem Briefe des Herzogs von Sodermanland aus dem Templerorden ausgeschlossen.
Plot, Robert,
Dr., englischer Schriftsteller, Professor der Chemie in Oxford, * 1660, t 1696, Mitglied der Royal Society, Kustos des Ashmolean-Museums, richtete in seiner ,,Natural History of Staffordshire" (1686) die ersten offentlich en Angriffe gegen die Freimaurerei , die er als bereits damals ,,mehr oder weniger über die ganze Nation verbreitet" bezeichnete. Die Darlegung bietet aber gleichzeitig wertvolle Anhaltspunkte für die Erforschung der Geschichte der Freimaurerei vor 1717, vor allem für die Kenntnis mancher Logengebräuche des 17. Jahrhunderts und der freimaurerischen Geschichtslegende, wie sie damals im Umlauf war (P. hatte sicherlich Kenntnis von einer Version der ,,Alten Pflichten", die ungefähr mit jener des William Watson M. S. übereinstimmte).
Eine Gruppe (Familie) der Manuskripte der ,,Old Charges" hat von der Forschung den Namen ,,P. Family" erhalten (William Watson M. S., Heade M. S., Crane M. S.).
Plumb
Mackey.
(engl.), Senkblei.
Plumb-rule
Mackey
(engl.), Setzwaage.
Plumenöck, Karl Hübert Lobreich von,
s. Schleiß. Bernhard Josef von.
Plummer, Henry Crozier,
* 1875, Professor der Astronomie an der Universität Dublin, 1912—1921 königlicher Astronom von Irland, Fellow der berühmten Lick-Sternwarte in Kalifornien, ist Freimaurer.
Pluralismus,
Vielheitalehre, die Anschauung, daß die Welt aus vielen selbständigen, nicht weiter reduzierbaren Wesenheiten besteht. Pluralistisch denkt der Pragmatismus (s. d.) ,,Die Welt ist eine noch nicht ganz vereinheitlichte Vielheit, ist im Werden. Sie ist nur stückweise erlösbar, da sie pluralistisch konstruiert ist" Die Freimaurerei ist pluralistisch im Sinne von Muller-Freienfels. Sie hat ,,Sinn für die Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit der Dinge". In ethischer Hinsicht ist sie im Grunde pluralistisch, insofern sie daran glaubt, daß ieder Mensch eine Einheit für sich ist, die beeinflußt und vervollkommnet werden muß, wenn man die Welt beesern will.
P.M.
(engl.), Abkurzung von Past Master, Altmeister.
Podoski,
Erzbischof von Gnesen, * 1719, t 1777, seit 1767 Primas von Groß-Polen, Gegner des Königs Stanislaus August, Historiker, Verfasser von Komödien und Satiren, war Freimaurer. 1770 nahm er am Johannisfest der 1769 gegründeten Warschauer Großloge teil und lieh dazu sein Silbergeschirr.
Poerbohadi Ningrat,
Rader Mas Adipati Ario, Regent von Semarang und Salatiga, t 1927, einer der höchsten Funktionäre der niederlandisch-indischen Kolonialregierung, erwarb sich Große Verdienste um die Freimaurerei, über die er auch in der javanischen Offentlichkeit Vorträge hielt. Er gehorte der Loge ,,La Constante et Fidéle" in Semarang an.
Poeta laureatas.
Die Krönung des berühmten Dichters Robert Burns in der Kilwinning Lodge (1782) zum P. l. der Freimaurerei scheint eine liebenswurdige Fabel zu sein. Es ist nicht anzunehmen, daß sich die erhaltenen Protokollbücher der Loge über einen derart feierlichen Vorgang ausschweigen wurden. Die Szene ist in einem 1846 gemalten, oft reproduzierten Bilde wiedergegeben, das Bild entbehrt aber der historischen Grundlage.
Dagegen wurden in Amerika Freimaurerdichter mit dem Titel P. l. geehrt. So Robert Morris (s. d.), der Dichter des bekannten: ,,We meet upon the level and part upon the square", dem der Titel 1884 von der Großloge von New York verliehen wurde, und Fay Hempstead, Großsekretär der Großloge von Arkansas, dem die Ehrung 1908 für sein Gedicht ,,Let there be light" zuteil wurde (s a. Gawin Wilson).
Point within a circle
(engl.), s. Punkt im, Kreise, Parallellinien.
Points de perfection
(frz.), auch les 5 points parfaits de la mâtrise, die fünf vollkommenen Punkte der Meisterschaft.
Polarforscher-Loge,
s. Kane - Lodge.
Polen.
Der Großorient von Polen.
der ,,Großorient des Herzogtums Warschau neuerdings proklamiert.
Alexander I.
Die nationale Freimaurerei Lukasinskis.
National-Großloge von P.
Deutsche Logen in P.
Die Fundamente der Maurerei in Polen wurden durch den Grafen Friedrich August Rutowski gelegt, der 1738 — zur gleichen Zeit wie in Dresden—in Warschau Logen stiftete, die jedoch ein Jahr später auf Befehl des Königs August III. in Anbetracht der gegen die Freimaurerei gerichteten Bannbulle des Papstes Clemens XII ihre Tätigkeit einstellen mußten. Aber schon 1742 wurden wieder Logen gegründet. Zuerst in Wischniowice (Wolhynien) durch den Großfahnenträger von Litauen, Grafen Stanislaus Mniszek, den Wojwoden von Masowien, General Andreas Mokronowski (s. d.) und Fürsten Konstantin Jablonowsky.
In Warschau entstand 1744 auf Initiative von Francois Longchamps die in französischer Sprache arbeitende Loge ,,Les trois Fréres", der Andreas Mokronowaky, Fürst Stanislaus Lubomirski (s. d.) u. a. angehörten. 1747 wurde in Lemberg eine Loge ,,Les trois déesses" gegründet, die aber ihre Tätigkeit bald wieder einstellte, da sie vom Erzbischof verfolgt wurde. 1750 rief Oberst Jean de Thoux de la Salverte (s. d.) die nach einem eigenen System arbeitende Loge ,,Bon Pasteur" (s.d.) ins Leben, 1755 gab es eine Loge der Strikten Observanz in Dukla. Starken Aufschwung brachte die organisatoriache Tätigkeit des Grafen Alois Friedrich Brühl (s. d.), der 1767 nach Schließung der ,,Trois Fréres" die Loge ,,Le vertueux Sarmate" (,,Der tugendhafte Sarmate") als schottische Loge konstituierte, deren Großmeister er wurde.
Sein Nachfolger in diesem Amt. der Numismatiker Graf August Moszynski, erklärte die Loge am 24. Juni 1769 zur Großloge, die bald darauf von England als Provinzial-Großloge von Polen anerkannt wurde, aber auf Selbständigkeit drang. Vom ,,Tugendhaften Sarmaten" erhielt eine ganze Reihe von Logen Patente, so der ,,Tugendhafte Reisende" in Eperjes, die ,,Drei weißen Adler" in Lemberg, die ,,Drei Türme" in Marienburg und die ,,Drei Sterne" in Danzig.

Die weitere Arbeit wurde durch die erste Teilung Polens (1772) unterbrochen. 1773 führte Graf Brahl nach seinor Rackkehr nach Warschau in mehreren Logen das Ritual der Strikten Observanz ein und gründete neue Logen, fand jedoch starken Widerstand, da auch von anderer Seite Bauhutten gestiftet wurden. Alle die verschiedenen Obedienzen dieser Zeit suchten in dem politisch unaufhörlich hin und her geworfenen P. festen Fuß zu fassen. Royal York, Strikte Observanz, der Großorient von Frankreich u. a. gründeten um die Wette Logen, die hier nicht einzeln angeführt werden sollen.
Um dem Durcheinander der Rituale und Obedienzen einigermaßen ein Ziel zu setzen, wurde schließlich ein Konkordat geschlossen. Einer der Großten Manner des Landes, Graf Ignaz Potocki (s. d.), seit 1779 Leiter der Provinzial-Mutterloge ,,Katharina zum Nordstern", wurde zum Großmeister aller Logen in Polen und Litauen gewählt und auf Grund der Konstitution einer amerikanischen Großloge am 4. August 1780 eine einheitliche maurerische Oberbehorde in Gestalt einer Provinzial-Mutterloge von P. aufgestellt. Vater der Verfassung der polnischen Freimaurerei war der Staatsmann Maurice Glaire (s. d.).
Der Großorient von Polen.
Am 26. Februar 1784 wurde das Werk durch Proklamation des selbständigen Großorients von P. gekrönt. Großmeister wurde der um die Freimaurerei sehr verdiente Andreas Mokronowski, der aber noch im gleichen Jahr starb. Auf diesen folgte dann Graf Stanislaus Felix Potocki (s. d.). Während seiner Amtszeit wurde eine Reihe neuer Logen installiert, darunter auch eine solche in Konstantinopel. 1786 vernichtete ein Brand das Logenlokal und den Großten Teil der Akten. Die aufflammende nationale Bewegung nötigte 1788 den russophilen Potocki zum Rücktritt. Ihm folgte Fürst Kasimir Nestor Sapieha (s. d.), ein bedeutender Patriot, der im Großen vierjahrigen Reichstag eine hervorragende Rolle spielte. In die Zeit seiner Amtsführung fallen die Großen politischen Umwälzungen, die die freimaurerische Arbeit allmählich wieder unmöglich machten: der Krieg 1792, die zweite Teilung P. 1793, der Aufstand Kosciuszkos (s. d.) 1794 und die dritte Teilung P. 1795. Nach dieser letsteren schloß der Großorient seine Pforten und beendete so die erste Periode der polnischen Freimaurerei.

Den verschiedenen freimaurerischen Verfassungen, die in dieser Zeit Geltung erlangt hatten, lagen durchwegs die Andersonschen Konstitutionen zugrunde. Die Schopfer der Konstitution von 1784 verwendeten bei ihrer Arbeit überdies auch die Prinzipien der damals ganz neuen amerikanischen Staatsverfassung.
Die polnische Freimaurerei umfaßte damals die hervorragendsten Männer des öffentlichen Lebens, denen es um die Grundsätze von Humanität, Freiheit und Gleichheit sehr ernst war. Konig Stanislaus Poniatowski (s. d.), Minister, Bischofe und hohe geistliche Würdentrager, die Führer des Reichstags und zahlreiche Aristokraten saßen in den Logen. Die polnische Freimaurerei des 18. Jahrhunderts erzog, einer noch unveroffentlichten Studie von Emil Kipa (s. d.) in Warschau zufolge jenen liberalen Typus des Polen, dessen verdienste die polnische Maiverfassung und das Reformwerk des vierjahrigen Reichstags waren. Auslandischen Logen gehorten damals u. a. an: der ,,Logenvater" König Stanislaus Leszezynski (s. d.) und der Nationalheld Kosciuszko (s.d.). Letzterer war während des amerikanischen Freiheitskrieges 1779 Freimaurer geworden.

Während der Preußenherrschaft 1795 bis 1806 wurden von der Berliner Großen Landesloge und den ,,Drei Weltkugeln" in Warschau und verschiedenen anderen Stadten zwölf Logen errichtet (von denen der ",Tempel der Weisheit" in polnischer Sprache arbeitete), ferner eine Provinzial-Mutterloge und ein Altschottisches Direktorium errichtet. Als 1807 das Herzogtum Warschau von Napoleons Gnaden entstand, machte sich sofort der Einfluß des Großorients von Frankreich geltend. Mit dem Französischen Heer kamen Französische und polnische Militärlogen; am 23. Oktober 1807 wurde die Loge ,,Les Fréres Polonais reunis ' gestiftet 1810 provisorisch die Provinzial-Mutterloge ,,Stern des Ostens" errichtet und am 22. Marz des gleichen Jahres
der ,,Großorient des Herzogtums Warschau neuerdings proklamiert.
Als Großmeister ging aus der Wahl der Prasident des Senats, Ludwig Guttakowski, hervor, die alte Konstitution vom Jahre 1784 erhielt wieder Geltung; die Arbeit ging nach französischem Ritus in sieben Graden vor sich. Die fresden Obedienzen unterstehenden Logen wurden von diesen wieder entlassen und dem Großorient einverleibt. Nach dem 1811 erfolgten Tode Guttakowskis kam Graf Stanislaus Potocki, Brüder des Grunders des ersten Großorients, auf den Großmeisterstuhl — ein Mann von starker Persönlichkeit — der zehn Jahre lang vortrefflich seines Amtes waltete. In den Napoleoni schen Kriegen ab 1812 fielen zahlreiche Freimaurer, die für die Wiederherstellung von P. an der Seite Frankreichs zu den Waffen gegriffen hatten, auf dem Felde der Ehre, unter ihnen Fürst Josef Poniatowski (s. d.), der während der Leipziger Volkerschlacht am 19. Oktober 1813 in der Elster ertrank.
Die Logen entvölkerten sich, mußten wieder schließen, nur das ,,Souverane Kapitel" in Warschau überdauerte die schwierige Lage. 1815 konnte dann in dem neu errichteten Königreich Polen wieder an regelmäßige Tätigkeit gedacht werden.
Alexander I.
Die polnischen Patrioten, die sieh in der Freimaurerei zusammenfanden, sahen im Zaren Alexander (s.d.), der damals mit einem radikalen Programm liebäugelte, das die ganzliche Wiederherstellung P. mit Litauen und auch eine Konstitution für Rußland ins Auge faßte, und der anscheinend von tiefstem Widerwillen gegen die Metternichsche Reaktion erfaßt war, um so mehr das Ideal aller nationalen Bestrebungen, als er selbst bei der polnischen Freimaurerei Hilfe und Stütze für seine Absichten suchte. 1814 in Paris aufgenommen, wurde er in Warschau 1815 mit Flammenschrift im Logengebäude begrüßt.
Eine Zeitlang zählte Alexander — naturgemäß bei strengster Geheimhaltung — zu den tätigen Mitgliedern der polnischen Freimaurerei. Im Marz 1818 hatte diese im Königreich P. nicht weniger als 32 Logen (davon 14 in Warschau) mit rund 4000 Brr. Auch die verbundeten Provinziallogen von Litauen (Wilna) und Wolhynien (Dubno) nahmen starken Aufschwung. ,,Freiheit und Gleichheit wie in der Naturreligion der Patriarchen" war die Devise, unter der die Arbeit vor sich ging. Als dann aber von 1819 an der vollige Umschwung in der Gesinnung Alexanders sich vollzog, aus dem Pseudoliberalen der finstere Pietist wurde und die Reaktion sich in Polen fühlbar machte, wurde die Lage der Freimaurerlogen, deren jede die Buste Alexanders in ihrem Tempel hatte, wieder schwierig.
Die Regierung trachtete, sich der freimaurerischen Organisation zu bemächtigen oder sie wieder zu beseitigen. Die demokratische Verfassung des Großorients sollte reformiert, insbesondere die bisherige Selbständigkeit der drei symbolischen Großlogen beseitigt werden, um so die Freimaurerei von einer Stelle aus kommandieren zu konnen. Am 25. September 1821 wurde die Freimaurerei vom Zaren verboten.
Die nationale Freimaurerei Lukasinskis.
Schon vorher hatte eine hauptsächlich aus nationalen Grunden gebildete schismatische freimaurerische Nebenorganisation wieder zu bestehen aufgehort, die am 5. Mai 1819 von Maior Valerian Lukasinski (der später zum Martyrer der Freimaurerei wurde) ins Leben gerufen worden war: die ausschließlich aus Offizieren bestehende ,,Nationale Freimaurerei". Diese hatte sieh das Ringen um die allgemeine Anerkennung der polnischen Nationalitat und die Wiederherstellung der historischen politischen Grenzen zur besonderen Aufgabe gemacht. An der Spitze stand ein Kapitel dessen Mitglieder Decknamen führten. So hieß der Großmeister Lukasinski Lykurg.
Konstitution und Ritual betonten sehr stark den nationalen Charakter. Man feierte nicht das Johannisfest, sondern den Jahrestag der polaischen Maiverfassung von 1791, und die Gradlehre betonte neben den allgemeinen freimaurerischen Grundsatz en die Pflicht zu patriotischem Handeln. Das ,,Feuer der Heimateliebe" erleuchtete die Loge, in der man am ,,zerschlagenen Altar des Vaterlandes" zusammentrat, um auf seinen unversehrten Fundamenten den Staat herrlich wieder aufzurichten. Diese Großloge hatte aber nicht viel langer als ein Jahr Bestand. Einige ihrer Mitglieder, namentlich solche der Posener Loge, gründeten dann am 1. Mai 1821 die ,,Patriotische Gesellschaft", einen politischen Geheimbund und suchten dann später, soweit sie aus den Verfolgungen und politischen Prozessen heil hervorgegangen waren, ihre auf Freiheit und Einheit gerichteten Ideale im Aufstand von 1830/31 zu verwirklichen. Lukasinski (s. d.) aber mußte sein freimaurerisches Tun mit lebenslänglicher fürchterlicher Haft in unterirdischen kasematten büßen.

Nach dem Verbot von 1821 blieben auf polnischem Boden nur einige Logen im Großherzogtum Posen in Tätigkeit, zahlreiche Polen schlossen sich aber auslandischen Bauhütten an. 1832 wurde in Besançon eine polnische Loge gegrundet, ,,Perseverance - Esperance", weitere Bauhutten folgten in Avignon (,,L'Aigle"), Le Puys (,,Enfants de Hiram Polonais"); in den Pariser Logen dieses Zeitraums spielten Polen eine Große Rolle, namentlich in der Loge ,,Trinite Indivisible". 1846 wurde in Londen ,,The Polish National Lodge" gegründet, 1863 errichteten in Cunco (Italien) Mitglieder der polnischen Offiziersschule gleichfalls eine Loge. 1910 unternahmen polnische Freimaurer das Wagnis, die Freimaurerei wieder nach Russisch-Polen zu tragen. Polnische Mitglieder der Pariser Loge ,,Renovateurs" (G. O.) grundeten in Warschau die Loge ,,Wyzwolenie" (,,Befreiung"). Ihren Bemühungen gelang es ferner von 1910—1914 weitere Logen in Kalisch (,,Swit" = ,,Dämmerung"), Wilna und Petersburg und eine zweite Loge in Warschau (,,Odrodzenie" = ,,Renaissance") ins Leben zu rufen.
National-Großloge von P.
Nach dem Weltkrieg ging dann von einer in Rom seit 1916 existierenden polnischen Loge ,,Polonia" die Initiative zur Wiederherstellung der Freimaurerei in der polnischen Republik aus. Am 20. September 1920 wurde die Großloge von P. proklamiert und dann durch ein Patent der ,,Gran Loggia nazionale" in Rom (A. u. A. Schottischer Ritus) d. d. 1. Oktober 1921 als ,,regulär konstituiert, frei und unabhängig" anerkannt. Am 7. Oktober 1922 wurde in Lausanne anläßlich des Kongresses der Federation der Obersten Räte des A. u. A. Schottischen Ritus der mittlerweile gebildete Supreme Conseil von P. aufgenommen.
Infolge von Zweifeln, die später bezuglich der italienischen Großloge auftauchten, wurde am 14. Oktober 1924 vom Supreme Conseil die National-Großloge von P. als ,,regulär konstituiert, souverän, frei und unabhängig" eingesetzt. Die Großloge begann hierauf ihre normale Arbeit nach dem A. u. A. Schottischen Ritus. Erster Großmeister wurde der Senior der polnischen Freimaurer, der bekannte Arzt Professor Dr. Rafael Radziwillowicz, Erster Großsekretär der Historiker Josef Dombrowski.
Als Mutterloge wurde die älteste Muterloge "Kopernik" anerkannt. Ihr folgten sieben Logen in Warschau, eine aus Emigranten gebildete ukrainische Loge ,,Jedanie" (bis 1923), Logen in Lodz, Sosnowiec, Lublin, Wilna und Kränzchen in Krakau und Lemberg. Die Großloge gehört der A. M. I. an. Adresse: Stanislaus Stempowski, Polne 40 Warschau.
Deutsche Logen in P.
Durch die Abtrennung deutscher Gebietsteile verloren zahlreiche deutsche Logen den Zusammenhang mit ihren in Deutschland befindlichen Großlogen. Soweit es die politischen Verhältnisse gestatteten, blieben diese Bauhüten, durch Abwanderung zahlreicher Mitglieder stark geschwächt, in Tätigkeit und schlossen einen Bunddeutscher Freimaurerlogen in Polen mit der Zentrale in Poznat (Posen). Es sind dies die zum Teile noch aus dem 18. Jahrhundert stammenden Logen in Bydgoszez (Bromberg), Chelmno (Culm-Schwetz), Tczew (Dirschau), Gniezno (Gnesen), Grudziadz (Graudenz), Inowroclaw (Hohensalza), Choinice (Konitz), Krotoszyn (Krotoschin), Leszno (Lissa) Ostrowo (Ostrow), Poznali (Posen), Rawiez (Rawitsch), Starogard (Stargard) und Torun (Thorn). Die Logen gehorten früher durchwegs den altpreußischen Systemen an. Durch die politischen Verhältnisse gezwungen, sind sie heute unabhängige, d. h. keiner Großloge unterstehende Logen