REFORMBESTREBUNGEN
REFORMIERTER BÜRGERLICHER FREIMAURERORDEN
REFRESHMENT
REGALIA,
REGEL, ALLGEMEINE,
REGELMÄßIG
REGENSBURG
REGENTENGRAD,
REGENWASSER,
REGHELLINI DE SCHIO,
REGIME ECOSSAIS ET RECTIFIÉ,
REGIONALKONGRESSE, OBLIGATORISCHE,
REGISTER,
REGIUS-MANUSKRIPT,
REGNEN.
REGNIER, CLAUDE AMBROISE,
REGULÄR.
REGALARISIERUNG,
REHEFELD-TAGUNGEN
REICHARDT, JOHANN FRIEDRICH,
REICHL, KURT,
REICHSGERICHT, DEUTCHES,
REIL, JOHANN CHRISTIAN,
REINHARDT, KARL HEINRICH AUGUST V.
REINHOLD, KARL LEONHARD,
REIS, CANDIDE,
REISEN, WANDERUNGEN, UMGÄNGE, UMFÜRUNGEN
REISEPATENTE
REIßBRETT
REISSIGER, C. G.,

Reformbestrebungen
innerhalb der Freimaurerei beziehen sich auf die Organisation der Großlogen, den Inhalt der Arbeit und das Gebrauchtum. Während die angelsächsische Freimaurerei in ihrer Tradition stark verankert ist, zeigen die deutsche und romanische Freimaurerei unausgesetzt Wellenbewegungen geplanter und teilweise auch durchgeführer Reformen. Besonders in Deutschland gab es im Laufe der letzten 115 Jahre R. und Reformer in Großer Zahl. Die größte Reform der deutschen Freimaurerei bedeutet die — mittelbar von den freimaurerischen Klassikern vorbereitete—Abkehr von den Verirrungen des 18 Jahrhunderts, von der Strikten Observanz und anderen Systemen, das Wiedereinschwenken zur ursprünglichen reinen Form der Freimaurerei unter gleichzeitiger Vergeistigung der Lehre und Vertiefung des humanitären Inhalts auf Gründ historischer Forschung und philosophischer Deutung der Symbolik und Ritualistik.
Die Freimaurerei in ihrer "verbesserten und auf ihre Lauterkeit und Einfachkeit zurtückgeführtert Verfassung" nannte Wieland das Ergebnis des Reformwerks in seinem Aufnahmegesuch. Das "eklektische Rundschreiben", die Tätigkeit Schröders (s. d.) und Feßlers (s. d.) sind als Marksteine der Reformbewegung zu Ende des 18. Jahrhunderts besonders zu erwähnen. An der Schwelle des 19. Jahrhunderts ist in der französischen Freimaurerei das Verschwinden za'llloser Grade und Riten der schottischen Maurerei und deren—in Amerika vollendete — Vereinheitlichung im A. u. A. Schottischen Ritus zu verzeichnen. Als schr erfolgreiehes Reformwerk, wenn aueh nieht aus eigentlieher Reformabsicht, sondern aus dem Willen zur maurerischen Einheit geboren, ist die Unifizierung des englischen Rituals nach der Union von 1813 zu bezeichnen.
Im 19. Jahrhundert bestrebte man sich in Deutschland und anderwärts, die Großlogenverfassungen zu modernisieren, die maurerische Arbeit dem Zeitgeist anzupassen, bei aller Wahrung der Tradition im Kultischen zu einem zielbewußten Aktivismus zu gelangen. Von den deutschen Reformatoren, die zunachst mit mehr oder weniger Gluck Geist und Ritual zu erneuern suchten, seien Krause Moßdorf Zöllner, Schneider (s. alle diese) genannt. Starken Reformwillen bekundeten dann die Männer, die den "Verein deutscher Freimaurer" ins Leben riefen: Schauberg Seydel, Findel und ihre Freunde.
"Die Überzeugung, der Freimaurerbund leiste nicht das, was er seinem Zwecke nach solle und könne, eine zwechmäßige Reform würde jedoch Krafte freimachen, welche die von ihm mit Recht erwartete Arbeit im Menschheitsorganismus leisten würden, hatte die Gründer des Vereins zusammengeführt" (Wanner, "Geschichte des Vereins deutscher Freimaurer" 1911). Auf Grundlage der "Alten Pflichten" sollte danach gestrebt werden, "die Einheit des Großen Maurerbundes nach innen und außen herzustellen, nach innen durch zeitgemäße Änderung des Gebrauchtums, nach außen durch eine die ganze Maurerwelt umfassende gleichförmige Organisation".
Was Wanner über die Beweggründe sagt, die zur Schaffung des Vereins deutscher Freimaurer führten, gilt für die meisten Falle, in denen einzelne Brr. ernstzunehmende R. in die Wege zu leiten unternahmen: "Da die zur Bundesreform berufenen Leiter des Großen Baues die Hand nicht anlegten, versuchten es die Bauleute selber und fanden in dem einst abgelegten Gelübde: das Beste des Bundes allezeit zu fördern, die Berechtigung zu ihrer Arbeit."

Soweit Großbehörden in Frage kommen, sind die auf einem anderen Gebiet liegenden einschneidenden Reformen von besonderer Wichtigkeit, die der G. O. de France in den siebziger Jahren durchführte, indem er zunächst seine Verfassung gründlegend demokratisierte (Abschaffung des Großmeisters usw.) und dann die traditionellen geistigen Gründlagen durch Beseitigung des Symbols des A. B. a. W. veränderte. Zum Kapitel R. gehört auch die im Laufe der Zeit fast überall durchgeführte Außerkraftsetzung des administrativen Einflusses der Obersten Rate auf die Großlogen (bezw. symbolischen Logen) des A. u. A. Schottischen Ritus.

Seit dem Weltkrieg sind in den deutschen Großlogen besondere Ritualformen festzustellen, die den nationalen Gedanken im Gebrauchtum scharfer zum Ausdruck zu bringen bestrebt sind. Ritualreform wird auch anderwärts immer wieder gefordert, mitunter mit einer Heftigkeit, die das ganze Gebrauchtum verwerfen möchte.
Das ist unsinnig, weil solches Verlangen den Sinn der Freimaurerei völlig mißversteht. Das Ritual kann seinen hohen Traditionswert durchaus währen und dennoch zeitgemäß sein. Aber freimaurerische Arbeit ohne Ritual ist ein Widerspruch in sich. Das Prädikat "Reform" wird nicht selten von nicht anerkannten Freimaurerbünden in Anspruch genommen. So nennt der F. Z. A. S. sein Wirken Reformfreimaurerei. Die innere Gestaltung dieses Bundes und die wiederholte Abwanderung nicht unbeträchtlicher Teile seiner Mitgliedschaft zur "alten" Freimaurerei ist aber ein Beweis dafür, daß, selbst besten Willen vorausgesetzt, Gegensätz allein noch nicht Reform ist.
Da die freimaurerischen Körperschaften im allgemeinen zu recht konservativen Anschauungen neigen, setzen sich Reformen größeren Umfangs ziemlich schwer durch. Daß sie notwendig sind, wird der Kenner der Verhaltnisse nicht bestreiten. Heute erstreckt sich der Reformwille zumeist in der Richtung der Tatmaurerei. Dienst am Volk, Dienst an der Menscheit, lebendige, sich ihrer hohen Mission bewußte Maurerei, Kampf für den Frieden und die Menschenrechte, das sind Forderungen, die immer lauter erhoben werden.
Reformierter Bürgerlicher Freimaurerorden
in Berlin, 1901 von Hemfler (s. d.) gegrundete Winkellogenvereinigung, die bereitg 1902 wieder einging.
Refreshment
(engl.), die Erfrischung, Erholung. Das englische Ritual unterscheidet labour, die eigentliche Arbeit der Loge und die Erfrischung, refreshment. Daher die Ritualformel: "call the brethren from labour to refreshment", von der Arbeit zur Erholung berufen. Während in den heutigen deutschen Logen mitunter Erholungspausen, besonders beilangerdauernden Arbeiten eingeschaltet werden, meint die englische Ritualformel die Unterbrechung der Arbeit zu Zwecken des vorgesehenen Banketts.
In den alten englischen Logen war labour und refreshment ohne deutliche Trennung da ja die Arbeiten der Loge an der Wirtstafel stattfanden, wobei die Logenordnung wohl aufrecht blieb. Aber gelockert wurde (s. calling off). Besondere Anlasse zur Erholung mußten nicht gesucht werden- das volle Glas, die Tabakspfeife und das Essen gehörten zur Arbeit. Nur bei Neuaufnahmen war besondere Festeefreude, um so mehr als die Neuaufgenommenen für die Kosten der Mahlzeit aufzukommen hatten. So schön in den Schaw-Statuten (1598), wo vom Lehrling ein Geldbetrag von 10 schottischen Pfunden nebst zehn anständigen Paaren Handschuhen verlangt werden ebenso in der Melrose-Lodge wo die Lehrünge acht Pfund für Essen und Trinken zu zahlen hatten. Auch in der Loge von Aberdeen wird 1670 ein Naturalbeitrag zur Verpflegung der Loge festgesetzt. darunter eine Pinte Wein. Als in England später die Sitte des Rumtrinkens aufkam, wird die Taxe in diesen Liquor" erlegt.
Für die Jahrfeste der Großloge wurden besonders festliche Bankette ausgerüstet, deren Obsorge den Brr. Stewards oblag. Sie hatten das Mahl für eigene Rechnung und Gefahr beizustellen und gaben Teilnehmerkarten aus, die wieder die Auslagen decken mußten. Aus dieser, mitunter verlustreichen Vorsorge ergab sich die Sonderstellung der Stewards, denen man die nicht immer erfreuliche Tätigkeit durch besondere Abzeichen, eine eigene Loge und dergleichen mehr, zu versüßen trachtete.

Eines der bekanntesten freimaurerischen Bilder, das von Stewart Watson gemalt, die Krönung des Dichters Burns zum poeta laureatus darstellt, zeigt die Canongate Kilwinning Lodge in der Stadthalle bei der Arbeit. Während sich in der linken Halfte des Bildes die feierliche Übergabe des Lorbeerkranzes vollzieht, wird im Hintergründe bereits der Punsch gebraut und die Terrine vorbereitet. In den modernen Logen wird Arbeit und Erholung nicht nur zeitlich, sondern auch raumlich getrennt. Dadurch sind die nach altem Gebrauchtum zu haltenden Trinksprtiche (Toaste) an die weiße Tafel verlegt worden (s. auch Tafelloge).
Regalia,
vom lateinischen rex, der König. Eigentlich die königlichen Abzeichen und die dem Königtum eigentümlichen Rechte (Jura regalia). Das Wort ist durch Preston (1775) in den freimaurerischen Wortschatz gelangt und bedeutet, genau genommen, die neben dem "clothing", der Bekleidung, zu tragenden Insignien (Jewels). Im allgemeinen versteht man darunter aber die freimaurerische Bekleidung. Daß Preston bei Übernahme des nur in der angelsacheischen Maurerei üblichen Wortes an die Ars Regia, die Königliche Kunst, gedacht haben soll, ist unwahrscheinlich.
Regel, Allgemeine,
heißt ein Gesetzbuch der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland, deren Ordensregel (s. d.)
Regelmäßig
(frz. régulier, engl. regular), auch regulär, rechtmäßig. Bezeichnung einer Loge, die nach den Regeln der Kunst (von einer Großloge) eingesetzt ist und nach den Erfordernissen der Regelmäßigkeit arbeitet. Gegensatz: rechtwidrig, irregular (s. Regularität).
Regensburg
in Bayern, im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts Sitz einer Mutterloge, die zahlreiche Logen gründete. 1765 stiftete der Fürst Karl Alexander von Thurn und Taxis eine Loge, "Charles de la Constance", aus der die Mutterloge .,Die Wachsende zu den drei Schlüsseln" hervorging. die 1768 vom National-Großmeister der Niederlande ein Patent erhielt. Das von ihr herausgebildete Großmeistertum wurde unter dem zweiten Großmeister, dem liberalen Fürsten Karl Alexander von Thurn und Taxis (s. d.), des Stifters Sohn, einem sehr eifrigen Freimaurer. der auch mehrere seiner Angestellten, Diener und Lakaien als vollgültige Mitglieder (nicht dienende Brr. ! ) der Loge zuführte, von der englischen Großloge 1806 durch Ernennung des Fürsten zum Provinzial Großmeister von Bayern anerkannt. Seit 1805 hieß die Loge zu Ehren ihres Führers "Carl zu dan drei Schlüsseln" .
Als nach Beendigung des Französisch-Österreichischen Krieges durch den Wiener Frieden von 1809 bayrisch wurde, beeinflußte das die Loge in einschneidender Weise. Eine Anregung des Stuhlmeisters Grafen Westerholt beim Staatsminister Grafen Montgelas, den Zusammenschluß aller bayrischen Logen zu einem Großorient von Bayern zu fördern, die Freimaurerei nach preußischem Vorbild offiziell zu sanktionieren, blieb ergebnislos (s. Bayern) . 1814 und 1815 erschienen dann Erlässe, die die Teilnahme von Staatsdienern an der freimaurerischen Arbeit verboten. Die Loge verlor dadurch zahlreiche Mitglieder. 1852 stellte die Loge unter dem Druck der damals herrschenden Reaktion die Arbeit ein. Ihre reichen Archive und Erinnerungsgegenstände befinden sich im Bayreuther Großlogenmuseum. Heute bestehen in R. zwei Logen: "Walhalla zum aufgehenden Licht" (Bayreuth, gegründet 1904) und "Drei Schlüssel zur treudeutschen Brüderschaft" (Preußen 1923).
Regentengrad,
s. Illuminaten.
Regenwasser,
als reines, vom Himmel gefallenes Element, spielt in Altschottischen Ritualen eine Rolle. Bei den Gold- und Rosenkreuzern ein wichtiges Mittel zur Herstellung der Universalmedizin, auch wurde gelehrt, daß man aus faulendem Regenwasser durch geheime Kunst Lebendiges (z. B. Krebse) erzeugen könne. (Ridel.)
Reghellini de Schio,
M., freimaurerischer Forscher und Schriftsteller der ersten Halfte des 19. Jahrhunderts, entwickelte in "La Maçonnerie considérée comme le résultat des religions égyptienne, juive et chrétienne" (Brussel 1829) und anderen Werken die These, daß die Freimaurerei von den ägyptischen Mysterien herzuleiten sei. Er gab auch in den Jahren 1822—1829 eine ausgezeichnete Dokumentensammlung zur Geschichte der Freimaurerei in den österreichischen Niederlanden ("Annales chronologiques...") heraus. In seinen Werken betätigte er sich, besonders 1819, als ein eifervoller Gegner der Schottischen Hochgrade.
Regime Ecossais et rectifié,
s. Rektifizierter Ritus
Regionalkongresse, obligatorische,
vereinigen alljährlich Delegierte der Logen der verschiedenen Regionen des Grand Orient, bezw. der Grande Loge de France, zur Besprechung der Ergebnisse der Logendiskussionen über die offiziellen Studienfragen und Vorbereitung der bezüglichen Konventberichte u. a.
Register,
auch Registry (engl.), das Verzeichnis der Großbeamten oder auch der Logen, das alljährlich von den angelsachsischen Großlogen herausgegeben wird. Eigene Logenlisten mit Angabe aller Mitglieder sind in England gewöhnlich nicht üblich.
Regius-Manuskript,
s. Halliwell.
Regnen.
"Es regnet" bedeutet im freimaurerischen Sprachgebrauch die Anwesenheit Profaner (s. Schneien).
Regnier, Claude Ambroise,
Herzog von Massa, * 1736, t 1840, französischer Politiker, 1798 Vorsitzender des Rates der Alten, unter Napoleon Justizminister, später Staatsminister und Vorsitzender des Corps législatif, war Großwürdenträger des Suprême Conseil de France. 1806 war er einer der Deputierten, die dem Erzkanzler des Kaiserreichs Cambacéres die Insignien des Großkommandeurs überbrachten.
Regulär.
1. Eine Loge ist r., wenn sie unter der gesetzmäßigen Autorität eines von einer Großloge erteilten Konstitutionspatents arbeitet. Der Ausdruck findet sich bereits in der 8. Verordnung der Andersonschen Konstitution von 1723.

2. Was die Regularität einer Großloge anbelangt, so war lange Zeit die Anschauung geltend, es sei hierzu die Patenterteilung seitens einer anderen Großloge unbedingtes Erfordernis. Die Bestimmungen, die die Vereinigte Großloge von England 1929 über die Gründlagen für die Anerkennung herausgogeben hat, zeigen aber, daß diese Auffassung von der Legitimität zu weit geht.
Die Großloge von England fordert: "Regularität der Abstammun g", d. h. jede Grotloge muß gesetzmäßig durch eine andere anerkannte Großloge oder durch drei oder mehr regulär konstituierte Logen gegründet worden sein. Zahlreiche Großlogen begnüigen sich bei der Feststellung der Regularität mit der Erfüllung dieser Voraussetzungen. Die angelsächeischen Großlogen aber erachten als Erfordernisse der Regularität (also nicht blot der Anerkennung) wohl auch das Bekenntnis zu folgenden Gründgedanken der Konstitution von 1723: A. B. a. W., Bibel, Zusammensetzung der Mitgliedschaft ausschließlich aus Mannern, unbedingte Jurisdiktion der Großloge über die ihr unterstehenden Logen, Auflegen der drei Großen Lichter, Verbot von Diskussionen über Religion und Politik in den Logen

3. Ein Freimaurer ist r., wenn er in einer regulären Loge in rechtmäßiger Weise zum Freimaurer geweiht oder, falls seine Aufnahme in einer irregulären Loge, bezw. in irregulärer Form erfolgte, regularisiert worden ist (s. Regularisierung, ferner At sight).
Regalarisierung,
Vorgehen einer gesetzmäßig konstituierten maurerischen Körperschaft, durch welches eine Person, die auf irreguläre Art in das Gebrauchtum der Freimaurerei eingeführt worden ist, erst ein gesetzmäßiger Freimaurer wird.
Die R. eines Mitgliedes einer regelwidrigen, irregularen, mit dem Freimaurernamen belegten Vereinigung (Winkelloge) kann nicht auf dem Wege der Annahme, Affiliation (s. d.) geschehen, sondern nur durch rituelle Neuaufnahme bei einer regularen Loge. Um aber Demütigungen zu vermeiden und nicht durch eine nochmalige vollständige Wiederholung der Einweihung das Ritual zu überflüssigem Formelkram herabzuwürdigen, beschritt z. B. die Großloge "Zur Sonne", Bayreuth, auf Vorschlag von Dr. Bernhard Beyer einen Mittelweg, wobei dem irregulären Maurer die Aufnahme eines Suchenden nach dem Bundesritual gewissermaßen zur Instruktion vorgeführt wird. Das Ritual wird auf diese Weise bis zu dem Gelübde durchgenommen, das das bisherige Mitglied der Winkelloge zugleich mit dem Suchenden ablegen muß. Hierauf wird die Aufnahme in der üblichen Weise zu Ende geführt. Nach Dr. Beyer (vergl. "Bayreuther Bundesblatt" 1922, Heft 5/6) entspricht diese Form durchaus der freimaurerischen Rechtsnorm.

Auch gegen eine rein historische übermittlung der Aufnahmegebrauche bestehen nach Beyer keine rechtlichen Bedenken. Beförderung in den Gesellen- und Erhebung in den Meistergrad kann sich an die R. unmittelbar anschließen. Zur R. einer Winkelloge ist nicht erforderlich, daß alle Mitglieder von einer gerechten und vollkommenen Loge aufgenommen werden, es brauchen nur so viele überzutreten, als nach der Verfassung der betreffenden Obedienz zur Konstifuierung einer neuen gesetzmäßigen Loge genugen (in der Regel sieben Meister). Ist die Loge dann mit Großlogenautorisation eingerichtet, kann sie ihre früheren Mitglieder aus der Winkellogenzeit selbständig aufnehmen und dadurch regularisieren.
Rehefeld-Tagungen
der Großen Landesloge von Sachsen finden seit 1927 alljährlich während der Woche nach Pfingsten im Schwerter Erholungsheim, Jagdschloß Rehefeld im Erzgebirge, statt. Der Großbeamtenrat und die Bundeslogen entsenden zu diesen Zusammenkünften, in deren Mittelpunkt Vorträge und Aussprachen über aktuelle freimaurerische Probleme stehen, Vertreter.
Reichardt, Johann Friedrich,
Komponist, ' 1752, t 1841, Schöpfer des deutschen Singspiels, Vertoner Goethescher Lieder, Hofkapellmeister Jérome Bonapartes in Kassel, war am Berliner Hof Tätig, verlor aber seine Stellung infolge seiner Sympathien für die französische Revolution; auch als Musikschriftsteller von Bedeutung, gab 1780 zur "Sammlung für freye und angenommene Maurer in Deutsch land" einen Nachtrag ,,Freymaurer-Lieder'' heraus.
Reichl, Kurt,
Dr., österreichischer philosophischer Schriftsteller, * 1899, Mitglied der Loge "Zukunft" in Wien, führte mit P. Gruber S. J. (s. d.) von 1926 bis zu dessen Tode 1930 einen umfangreichen Briefwechsel, der in Verbindung mit einer Reihe grundsätzlicher Artikel R.s in der Wiener Freimaurer-Zeitung die gegensätzlichen weltanschaulichen Fragen einer Klärung zuführte. Auf Gründ dieses Briefwechsels kam 1928 eine unverbindliche Besprechung in Aachen zustande, an welcher neben P. Gruber und R. auch noch Lennhoff (Wien) und Ossian Lang (New York) teilnahmen. Das erfreuliche Ergebnis dieser Aussprache mit Gruber war, daß er seine überzeugung darlegte, daß auch auf katholischer Seite der Kampf gegen die Freimaurerei ausschließlich auf der Ebene weltanschaulicher und wissenschaftlicher Auseinandersetzungen auszutragen und der Lügen- und Bezichtigungsliteratur ein Ende zu machen sei.
Reichsgericht, Deutches,
stellte sich in einem Streit zwischen der humanitären Großloge "Zur Sonne", Bayreuth, und der altpreußischen Großen Loge von Preußen, genannt "Zur Freundschaft", wegen der bestrittenen Gültigheit des übertritts der Loge "Leopold zur Treue" in Karlsruhe von ersterer zu letzterer im Gegensatz zu den Vorinstanzen auf den Standpunkt, der Wechsel vom humanitären zum christlichen System bedeute keine Änderung des Vereins Zweckes der Loge, da kein grundsätzlicher Unterschied zwischen den Zielen und Zwecken der christlichen und humanitären Großlogen bestehe
Reil, Johann Christian,
Professor der Medizin an den Universitäten Halle und Berlin, * 1759, t 1813, Begründer der Hirnanatomie und psychischen Medizin. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig Leiter der Kriegshospitäler auf dem linken Elbeufer, wurde er Opfer seiner hingebenden Tätigkeit. R. war Mitglied der Loge "Zu den drei Degen" in Halle. 1915 wurde ihm dort ein Denkmal errichtet.
Reinhardt, Karl Heinrich August v.
württembergischer Generalmajor, * 1827, t 1907, war als Großmeister, dann Ehren Großmeister der Großloge "Zur Sonne", Bayreuth, einer der aufgeklärtesten und fortschrittlichsten Führer der deutschen Freimaurerei. 1905 wurde er Vorsitzender des Vereins deutscher Freimaurer, der sich unter seiner Führung bedeutend hob. R., der Mitgründer des "Bayreuther Bundesblattes" war und als Stuhlmeister in Ulm ("Karl zu den drei Ulmen") und Stuttgart hervorragend wirkte, gab eine Reihe freimaurerischer Schriften heraus, u. a.: "Die Judenfrage in der Freimaurerei", "Die Pfege des reinen Menschentums", "Die Humanität im Krieg" usw Die Schrift über die Judenfrage stellte eine heftige Absage an die damals umgehenden antisemitischen Strömungen dar.
Reinhold, Karl Leonhard,
Philosoph * 1758, t 1828, Jesuit in Wien, dann Barnabite. Lehrer der Logik, Metaphysik, Ethik und Beredsamkeit und Novizenmeister an deren Wiener Kollegium, entfloh nach Deutschland kam 1784 nach Weimar, wo er zum Protestantismus übertrat, Schwiegersohn Wielands und Mitarbeiter an dessen "Teutschen Merkur" wurde. 1787—1794 Professor der Philosophie in Jena, 1794 in Kiel. Von Blumauer (s. d.) in die Wiener Loge "Zur wahren Eintracht" eingeführt, wurde er unter Born (s. d.) deren Redner Er schrieb für das "Wiener Freymaurerjournal". Die Loge stand ihm bei der Flucht nach Deutschland hilfreich zur Seite. 1809 wurde er Mitglied der Loge "Amalia", 1820 beteiligte er sich an der Wiedereröffnung der Kieler Loge "Luise zur gekrönten Freundschaft", deren Stuhlmeister er dann bis zu seinem Tode war. Von R. stammt ein maurerischer Reformplan, dor Entwurf zu einem "Moralischen Bund der Einverstandenen".
Reis, Candide,
portugiesischer Konteradmiral, während der portugiesischen Revolution l910 Leiter des Militarausschusses, erschoß sich am 3. Oktober d. J., weil er am Gelingen des Aufstandes zweifelte. R. war Mitglied der Lissaboner Loge "José Estevan"
Reisen, Wanderungen, Umgänge, Umfürungen
sind uraltes Kultgut der Initiation. In der Freimaurerei sind diese mystischen Wanderungen mit Handwerksgebräuchen in Verbindung getreten. Die Reise hat eine doppelte Bedeutung: sie hat den Sinn der "Heiligen Wanderung", im freimaurerisehen Gebrauch zugleich als Reise aus dem Dunkel in das Licht gedeutet, sie dient überdies praktischem Zwecke:
der Neophyt wird beim Heramfuhren der Versammlung gezeigt. Ebenso unternimmt auch der englische Großmeister nach vollzogener Wahl einen feierlichen Umgang durch die Großloge. Die kultischen Vergleiche, die sich aufdrängen, führen bis zu den Mysterien des Altertums und seiner Bünde: so die eleusinischen Prozessionen auf der Heiligen Straße, die Seelenwanderungen im Neuplatonismus u . a. Auch die Pilgerreisen nach geweihten Stätten, die Reise zum heiligen Gral geht auf ähnliche Vorstellungen zurück; die unter Beschwernissen zurückgelegte Wanderung, deren Zweck eine Lauterung, eine Entsühnung beinhalten soll, ein Eingehen in eine reinere Geisteswelt.
Die Wanderungen der Steinmetzen haben ursprünglich rein praktische Bedeutung: die Zunft stößt für eine gewisse Zeit ihre noch nicht vollausgebildeten Jünger ab. Hier spielen sicherlich auch egoistische Motive eine Rolle. Es ist eine gewollte Beschrankung der Werkgemeinschaft. Der wandernde Gesell soll sich aber zugleich in seinem Wissen und Können vervollständigen. Hier denkt die Baugemeinde kollektivistisch im Interesse der Kunst. Aus diesen Wanderungen entwickelt sich ein Ritual (s. Briefler und Grußler), das unverkennbar im freimaurerischen Gebrauchtum wiederkehrt. Allerdings muß hier die Einschränkung gemacht werden, daß die englischen Bauhutten den Wanderzwang im Gegensatz zu Deutschland und Frankreich nicht kannten. Die symbolisehen Reisen des englischen Rituales, zuerst dargestellt bei Prichard, sind mehr oder weniger als Wanderungen nach dem Lichte gedacht.
Die Wanderung geht aus von der nordöstlichen Ecke und führt über den Osten wieder nach dem Westen zurück, daher antwortet auch der Geselle auf die Frage: "Rei stet Ihr irgend einmal?" mit den Worten: "Ja, von 0st nach West". Die Reise nach dem Wege des Tagesgestirns hat hier auch als Lebensreise symbolischen Sinn. Nach Preston wandert der Lehrling von Westen nach Osten (geleitet vom Suchen nach Erkenntnis). Im zweiten und dritten Grade (urspranglich vereint) geht die Reise nach dem Westen zurück, ,um Dinge zu suchen, die verloren waren".

Die Zahl der Reisen ist in den Graden und auch in den Systemen nicht einheitlich. Im allgemeinen werden heute drei Reisen vorgenommen, deren Bedeutung durch Zurufe und Sinnsprüche dem Neophyten vermittelt wird (Reisesprüche).
Was sonst an ritualistischen Zutaten hierbei sinnfällig wird, ist großenteils erst späteren Datums. Besonders die romanischen Rituale haben hier vieles aufgenommen, was wohl heute traditionellen Wert erlangt, im übrigen aber den einfachen und dadurch klaren und schönen Sinn der kultischen Reise verzerrt hat. Die in die Reisen verlegten sogenannten physischen Proben der Standhaftigkeit, Ausdauer, des Mutes entstammen fremden Gedankenkreisen. Hier sind die mittelalterlichen Proben ritterlicher Kardinaltugenden in das Freimaurertum hineingesickert, ohne die Idee der Wanderung selbst zu bereichern. Diese in der "Zauberflöte" zu dichterischer Schönheit verewigten Wanderungen durch Feuer und Wasser usw. usw. sind eine Ornamentik des Gebrauchtums, die eigentlich an dem tieferen Sinn der Reisen vorbeigeht.
Reisepatente
(engl. Travelling warrants), Arbeitsbewilligungen für die angelsächsischen Militärlogen, die sie berechtigen, ihre Arbeiten überall dort abzuhalten, wo der betreffende Truppenkörper stationiert.
Reißbrett
(engl. Tracing - board, frz. Planche àtracer), eines der sogenannten drei unbeweglichen Kleinodien der Loge, dem besondere Bedeutung in der Symbolik des Meistergrades zukommt. Denn am R. sitzt der Meister, seine Entwürfe zu fertigen, den Arbeitern am Werk den Bauriß vorzuzeichnen. Im Schwedischen und anderen Systemen ist das R. schon auf der Arbeitstafel des Lehrlingegrades, da es als Pflicht der Lehrlinge (und auch Gesellen) bezeichnet wird, die Arbeit mit dem Plan des A. B. a. W., den dieser auf dem R. niedergelegt hat, in Übereinstimmung zu bringen. Die Akten der Schwedisch-Zinnendorfschen Lehrart enthalten übrigens verschiedene Formen des R. Das ursprüngliche Eckleffsche R. enthalt geometrische Figuren, die sich nicht entziffern ließen. Zinnendorf setzte an seine Stelle ein leeres, weißes R.; Nettelbladt fügte 1846 ein Andreaskreuz (weiß auf schwarzem Gründ) ein, während das heutige schwedische R. neun geometrische Figuren aufweist.
Reissiger, C. G.,
* 1798, t 1859, berühmter Komponist seiner Zeit, Kammermusikwerke von ihm noch heute beliebt. War Mitglied der Loge "Balduin zur Linde" in Leipzig (1821) später der "Drei Schwerter" in Dresden (1845).