In der Februarausgabe 1996 der bei uns erscheinenden Zeitschrift ESOTERA finden wir einen Artikel über ein im tschechischen Krumlov stattgefundenes Rosenkreuzertreffen.
Er beginnt mit der provokativen, an einige Tagungsteilnehmer gerichteten Frage:
"Sind Sie Rosenkreuzer?
" Die Autorin dieses Artikels, Irene Dalichowa, staunt nach eigener Aussage nicht schlecht, als gleich der dritte so Angesprochene mit einem klaren "Ja, ich bin ein Rosenkreuzer" antwortet.
Es ist ein amerikanisches A.M.O.R.C.-Mitglied aus Kansas City.
Bei uns in Deutschland hatte man sich da wesentlich vorsichtiger ausgedruckt.
Vielleicht:
"Ich bin ein Studierender auf dem Rosenkreuzerpfad!
" oder "ich bemuhe mich, den Rosenkreuzerlehren zu folgen!".
Ein Rosenkreuzer zu sein, wurde doch für uns bedeuten, daß wir die rosenkreuzerischen Prinzipien bereits in unserem Leben voll verwirklicht hatten.
Von diesem Ziel durften aber wohl die meisten Bruder und Schwestern der Rosenkreuzergemeinschaften noch weit entfernt sein.
Lassen Sie uns deshalb diese Prinzipien ein wenig naher betrachten!
Ein Rosenkreuzer macht sich zu aller erst das "Erkenne Dich selbst" der griechischen Philosophen des Altertums zum Leitmotiv.
Er versucht sein Leben mit all seinen Aufgaben als Bestandteil eines göttlichen Plans zu verstehen, in dem ihm eine ganz bestimmte Rolle zugedacht ist, die er zu erkennen trachtet.
Dazu muß er zuerst Meister seiner Selbst werden, in der rosenkreuzerischen Terminologie "Meister der vier Elemente Erde, Wasser, Feuer und Luft", die sein Wesen bestimmen.
Die Erde symbolisiert dabei seinen Körper, den materiellen wie den geistigen; das Wasser sein Bewußtsein, das Feuer seine Instinkte und Triebe und das Element Luft seinen Intellekt.
Hat er diese Aufgabe gemeistert, vermag er bis zur Quintessenz vorzudringen.
Er lebt nun in Harmonie mit den vier Elementen.
Sein tägliches Trachten gilt der Gesunderhaltung von Körper und Geist; er kann seine Triebe im Zaum halten und sich seine Gefühle bewußt machen.
Er weiß immer, was er denkt, was er tut und er lebt bewußt.
Die Rose auf dem Kreuz hat ihre Blute entfaltet.
Der Weg ist frei für den weiteren Aufstieg, für die "Chymische Hochzeit" Darunter versteht ein Rosenkreuzer die mystische Vereinigung mit dem Höheren Selbst.
Als Mystiker sicht er den gesamten Kosmos im größen Zusammenhang alles Seins.
"Nichts ist durch sich selbst und kann nur in seiner Beziehung zum Kosmos verstanden werden.
" Die rosenkreuzerische Gedankenwelt hatte schon in ihrer Frühzeit erkannt, was die "Theorie der Vernetzung" erst in unseren Tagen formuliert.
Ein wahrer Rosenkreuzer hat den Weg der Erkenntnis eingeschlagen und schreitet auf ihm mutig voran.
Er vertraut auf seine geistige Führung und ist stets darauf ausgerichtet, auf die Stimme seines "lnneren Meisters" zu achten.
Aber zu allen Zeiten war es schwierig, diesen Weg zu finden, obschon sich diese Schwierigkeiten früher von den unsrigen heute unterscheiden:
Warfen früher die weiten Entfernungen und die sparlichen Kommunikationsmöglichkeiten Probleme auf, so sind es heute eher das Überangebot an Information, die Unrast unserer Tage und die Schnelllebigkeit unserer technischen Errungenschaften.
Das Überangebot an Information muß zu Oberflachlichkeit führen, denn anders können die Informationsberge nicht mehr bewaltigt werden.
Das Berufsleben macht es nicht einfach, der eigenen Überzeugung treu zu bleiben, wenn der Kampf ums Überleben mit immer scharferen Waffen um sich greift.
Ist es da verwunderlich, wenn Manner und Frauen ihre Zuflucht in der harmonischen Umgebung eines Rosenkreuzertempels suchen, um sich wenigstens ab und zu von den irdischen Fesseln befreien zu können; um Verbindung mit der spirituellen Welt aufzunehmen?
Aber die Zuflucht in spirituelle Welten darf nicht zu einer Weltflucht werden.
Vielmehr gehört es zur Aufgabe eines jeden, der die rosenkreuzerischen Prinzipien zu seinem Lebensweg erkoren hat, seine Erkenntnisse im täglichen Leben zu erproben.
Deshalb mussen zu den rosenkreuzerischen Lebensprinzipien sicherlich auch die sieben traditionellen Pflichten gezählt werden:
Die sieben Pflichten eines Rosenkreuzers
Bewußt Leben: Das tägliche Leben bewußt leben, also jeden Tag mit Bewußtsein erfullen, jede Stunde und Minute des Tages.
Der Mensch muß sich der Existenz Gottes und des geistigen Bereichs genau so bewußt sein wie des körperlichen, materiellen Bereichs.
Gesundheit: Durch ein bewußtes Leben wird die Harmonie zwischen dem inneren und außeren Selbst gefördert, was der Gesundheit außerst dienlich ist.
Nach den Gesetzen des Schöpfers muß jeder Mensch für die Gesunderhaltung seines Geistes und Leibes sorgen.
Zufriedenheit und Glück: Beide sind von größer Wichtigkeit, denn aus ihnen erwachsen angenehme, menschliche Beziehungen, die eine harmonische Abstimmung auf alle Menschen zur Folge haben können.
Gluck und Zufriedenheit werden durch Wissen und Verstehen erreicht.
Tätigkeit: Einer fördernden, nutzlichen Tatigkeit nachzugehen, durch die etwas geschaffen werden kann, das dem Wohle der Menschheit dient.
Diese Tatigkeit muß nicht auf materieller Basis beruhen.
Jeder sollte versuchen, für sich selbst zu sorgen, damit andere nicht für ihn sorgen mussen.
Das Wohlwollen: Diese Pflicht geht über die vorhergehenden hinaus.
Sie bezieht sich auf die Freundlichkeit und auf das Wohlwollen, welche man allen Lebewesen entgegenbringt.
Besonders das Bemuhen, anderen Menschen zu helfen, sich glücklich zu fühlen.
Gott und Menschen: Die Pflichten Gott und den Menschen gegenüber kann man nicht allein durch gelegentliche oder regelmäßige Gaben an Wohlfahrtseinrichtungen erfullen.
Diese Gaben sind notwendig und gut, genugen aber nicht.
Der Mensch hat auch noch moralische und religiöse Verpflichtungen, die er zu erfullen hat.
Gesetze und Vaterland: Jeder Mensch hat Pflichten seinem Vaterland gegenüber, dessen Gesetze er beachten muß; aber auch die Verpflichtung, diese Gesetze, sollten sie unzulanglich sein, zu verbessern, anstatt sich zu weigern, sie anzuerkennen.
Wer sich für weitergehende rosenkreuzerische Lebensprinzipien interessiert, der sei auf das Buchlein ROSENKREUZERISCHE LEBENSREGELN von A.M.O.R.C. verwiesen.
Der folgende Absatz ist einer weiteren Broschüre" von A.M.O.R.C. entnommen, könnte aber ebensogut als ein Manifest moderner Rosenkreuzer aufgefaßt werden:
"Manifest" moderner Rosenkreuzer
Wir heutigen Schüler der modernen Weisheitsschule des Rosenkreuzes, die wir an diesem Wissen interessiert sind und bestrebt, es weiter zu tragen, können auf eine lange Tradition zurückblicken, die zwar nicht lückenlos vor uns liegt, doch von der vieles überliefert ist.
Es gehört auch zu unserer Aufgabe, die noch vorhandenen Lücken systematisch zu erforschen, um aus der Vergangenheit zu lernen, was für die Zukunft benötigt wird.
Wer die Vergangenheit kennt, kann sein gegenwartiges Leben gestalten und hat keine Angst vor der Zukünft, da er weiß, was er zu tun hat.
Die Welt um uns trennt sich immer mehr in Einzelteile und ist versucht, sich aufzulösen.
Außhalten können wir diese Entwicklung nicht, es ware auch nicht unsere Aufgabe.
Wir können uns aber vorbereiten und bemuhen, das Neue, Hervorkommende in die rechten Bahnen zu lenken.
Wir können helfen, den nachsten Entwicklungssprung bewußt mitzutragen, damit die zahe, sich vom Alten nur langsam lösende Masse der Geistigkeit mitgezogen wird, hin zum neuerstrahlenden Bewußtsein einer sich öffnenden Epoche.
Die Prinzipien der Rosenkreuzer, die eine gewisse Essenz, ja das Alpha und das Omega jeder Bildung sind, lehren die tiefsten Geheimnisse dieser Welt.
Sie offenbaren Leben und Tod in einem ganz anderen Licht, enthullen uns das Leben, das wir geführt haben wie auch das, das wir einst führen werden, genauso deutlich wie das Leben, das wir jetzt führen.
Die Naturwissenschaften bestätigen von Zeit zu Zeit das Wissen, das in unseren Lehren verborgen liegt, gleich einem kostbaren Schatz, den es nach und nach zu heben gilt ....
Andere rosenkreuzerische Gemeinschaften drucken den Geist des Rosenkreuzertums folgendermaßen aus:
"Der wahre Orden der Bruder R. C. ist eine erleuchtete Gemeinschaft des Geistes, die über die ganze Welt verbreitet ist, aber von Einem in Wahrheit und Weisheit geleitet wird.
Dieser Orden besitzt eine Innere Schüle der wahren Mysterien und viele auBere Schulen, die auf vielerlei und verschiedene Weise den Weg zur Inneren Schule weisen".
So steht es in der Einleitung der ersten niederlandischen Übersetzung der drei rosenkreuzerischen Manifeste in diesem Jahrhundert (1912) von Zr. A. Kerdijk.
Sie wurden unter dem Titel MYSTERIEN VAN HET ROZENKRUlS von der Freimaurerloge "Christiaan Rosenkreuz" in Laren herausgegeben.
"Einzelnen Suchenden steht der Weg stets offen, und nur zu bestimmten Zeiten erfolgte ein allgemeiner, offentlicher Aufruf für jene, die bereit sind....
Eine der ersten Bedingungen für den Kandidaten ist dann auch Unterscheidungsvermögen.
Ohne ernsthaftes Suchen und Untersuchen ist das Wahre, das tief verborgen ist, nicht zu finden.
" Ein Zitat von Max Heindel schließt sich dem an:
"Der Gründ, warum sich die Geheimnisse der wahren Einweihung nicht entschleiern lassen, ist, weil es sich nicht um außere Feierlichkeit, sondern um eine innere Erfahrung handelt.
" Über das Haus Sancti Spiritus meint J. van Rijckenborgh:
"Christian Rosenkreutz ist einer der Großen, hinter dem die gesamte universelle Bruderschaftskette steht.
Sein Haus ist für die gesamte Menschheit gebaut; dieses wahre Haus des Heiligen Geistes kann - und das ist das Gewaltige dieser Botschaft - von allen betreten werden.
Ein wahrer Rosenkreuzer muß aber nicht notwendigerweise einer besonderen Organisation angehören.
"Ein rosenkreuzerisches Ideal ist es ja, einen kontinuierlichen und seit alters her erprobten Weg zu gehen, dabei aber gleichzeitig alle Freiheiten zu behalten, also die Freiheit, selber denken zu durfen, eine eigene und oft auch andere Meinung zu besitzen und die Freiheit, sein Leben nach eigenem Gutdunken zu führen ...
Ein Rosenkreuzer akzeptiert deshalb nicht einfach Weltbilder und Behauptungen anderer als wahr, sondern versucht immer zuerst seine eigenen Erfahrungen zu machen, von deren Wirklichkeit er sich überzeugen kann.
Die Tauglichkeit seiner Erkenntnisse kann er dann in seinem täglichen Leben unter Beweis stellen
Allerdings ist es in unserer Zeit wohl nur wenigen vergönnt, ganz allein für sich alle die aufgeführten hehren Ziele verwirklichen zu können.
Hier setzt die Aufgabe der rosenkreuzerischen Vereinigungen mit ihren Stadtegruppen ein, die es ermöglichen, mit anderen Studierenden Kontakt aufzunehmen, um Erfahrungen auszutauschen und Fragen zum Verstandnis der Lehren und Übungen beantwortet zu bekommen.
Unter diesen rosenkreuzerischen Organisationen stellt A.M.O.R.C. nicht nur im deutschen Sprachraum einen der wichtigsten Vertreter dar.
Dieser Orden vereinigt gleichgesinnte Manner und Frauen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, mystische Kenntnisse zu erwerben, um sie im täglichen Leben anzuwenden.
Diese esoterische und philosophische Bruderschaft ist heute in allen Erdteilen verbreitet und widmet sich der Erforschung, dem Studium und der praktischen Anwendung der Natur- und Geistesgesetze.
Er ist weder eine religiöse Sekte noch will er ein Religionsersatz sein.
Er versteht sich auch nicht als Variante oder Abart der Freimaurerei, zu der auch keinerlei operative Beziehungen bestehen.
Ebensowenig bestehen solche Bezichungen zu anderen rosenkreuzerischen Vereinigungen.
A.M. O . R. C. vertritt die Überzeugung, daß es zu den dringendsten Aufgaben unserer Zeit gehört, die zeitlosen Werte und Gesetze der Natur, die im Laufe der menschlichen Kulturgeschichte verloren gingen, dem Menschen wieder zuganglich zu machen.
Dazu zahlen auch die im Menschen selbst ruhenden, leider viel zu selten angesprochenen psychischen Fähigkeiten .
Die Lehren des A.M.O.R.C. helfen deshalb, diese latent in jedem Menschen noch schlummernden Fähigkeiten wieder zu erwecken, damit sie auf die einzelnen Bereiche im Leben eines jeden Mitgliedes gelenkt werden können.
Ihm soll dadurch geholfen werden, sein Leben selbst meistern zu lernen, nach eigener Art und Weise und nach eigener Regie.
Es bleibt ihm dabei auch selbst überlassen, wie und über welche Bereiche seines Lebens er die Meisterschaft zuerst erlangen will, da wohl kaum jemand im ersten Anlauf eine Meisterschaft über seine gesamte Innen- und Außenwelt erreichen kann.
Die Ausarbeitung und Bereitstellung des überlieferten rosenkreuzerischen Wissens in Form von modernen Lehrbriefen (Monographien) ist das Verdienst von Dr. Harvey Spencer Lewis, dem Gründer und ersten Imperator von A. M.O.R.C. in seinem derzeitigen Aktivitatszyklus.
Ein Großteil dieses Wissens wurde Dr. Lewis von den Anfang unseres Jahrhunderts in Europa überlebenden Rosenkreuzer-Bruderschaften übertragen, zusammen mit dem Auftrag, den zweiten Aktivitatszyklus der Rosenkreuzer in der Neuen Welt in Gang zu setzen.
Die Gründung von A.M.O.R.C. erfolgte daraufhin im Februar 1915 in New York.
Die kurze Biographie von Dr. Lewis im nachfolgenden Abschnitt enthalt hierzu nahere Angaben.
Aus der anfanglich kleinen Rosenkreuzergemeinschaft an der amerikanischen Ostkuste entwickelte sich nach ihrem Gründüngskonklave am 8. Februar 1915 in den nachfolgenden Jahren eine sich über die ganzen Vereinigten Staaten und Kanada ausdehnende Organisation, der 1934 die F.U.D.O.S.I. die Jurisdiktion über den gesamten amerikanischen Kontinent (Nord-, Mittel- und Sudamerika) übertrug.
Im Januar 1935 wurde die von Jollivet Castelot herausgebrachte Zeitschrift der Alchimischen Gesellschaft Frankreichs LA ROSE-CROIX offizielles Organ des sich in der Zwischenzeit bis nach Frankreich ausdehnenden Rosenkreuzerordens A.M.O.R.C.
Seine Leitung übernahmen Hans Gruter und Jeanne Guesdon.
Jenseits des Atlantik hatte die Oberste Großloge von A.M.O.R.C. bereits seit November 1927 ihren Sitz in San José in Kalifornien gefunden, wo sie eine schöne Parklandschaft erwarb und auf der sie einen umfangreichen Gebäudekomplex ägyptischer Architekturerrichtete.
Während des Zweiten Weltkrieges konnten die meisten Rosenkreuzergruppen in Europa ihre Arbeit nicht mehr dürchführen.
Am Ende des Krieges waren ihre Administationen zerschlagen und ihre Manuale zerstört.
Auch ihre Lehrsysteme entsprachen nicht mehr dem Zeitgeist, so daß immer haufiger Übersetzungen aus San José angefordert werden mußten.
Als erstes europaisches Land beschloß deshalb 1946 die Administration von Großbritannien, sich mit der in Kalifornien zu vereinigen.
Diesem Beispiel folgten später Frankreich mit seinen Kolonien und die nordischen Lander.
Heute sind alle Großlogen und Administrationen von A.M.O.R.C. in ihrer Obersten Großloge vereinigt.
Sie untersteht der Präsidentschaft des Imperators, der die höchste Verantwortung im Orden tragt und über die Einhaltung der rosenkreuzerischen Traditionen wacht.
Sein Amt ubt er kraft eines Mandats von fünfJahren aus, das erneuert werden kann.
Die ca. 200000 Mitglieder von A.M.O.R.C. setzen sich aus Mannern und Frauen aller Rassen und praktisch aller Religionszugehörigkeiten zusammen, die sich aus fast hundert Landern aller Erdteile rekrutieren.
Um eine so größe und unterschiedliche Mitgliederzahl verwalten zu können, gliedert sich dieser Orden heute in zwanzig sprachlich und geographisch ausgerichteten Jurisdiktionen auf, denen Großlogen und Administrationen unterstellt sind.
Ihre Aufgabe ist es, den Lehrstoff in ihren jeweiligen Sprachen zu publizieren.
Über deren Inhalt wird im Abschnitt über die Großloge für die deutschsprechenden Lander berichtet.
Jeder dieser Großlogen steht ein Großmeister vor, mit Sitz und Stimme in der Obersten Großloge.
Administrationen, die den Status einer Großloge noch nicht besitzen, wie z.B. in den ehemaligen sozialistischen Landern (Kroatien, Polen, Rußland, Ungarn etc.) unterliegen zunachst der Betreuung durch eine der etablierten Großlogen, bevor ihnen der Status einer eigenstandigen Administration zuerkannt werden kann.
Diese Vorbereitungsperiode dient u. A. dem Zweck, das Lehrmaterial in die jeweilige Landessprache zu übersetzen und die landerspezifische Organisation festzulegen.
Aber auch das beste schriftliche Lehrsystem bedarf einer praktischen Ergänzung.
"Man kann Mystik nicht allein mit dem Verstand lernen; waren nicht die Initiationsrituale und feierlichen Tempelzeremonien schon in alren Zeiten ein wesentliches Hilfsmittel für die Schüler der Mystik?...
Aus diesem Gründ hat A.M.O.R.C. zunachst in Verbindung mit den erwähnten Lehrbriefen ein System entwickelt, das den Studierenden eine Art von Selbstinitiation ermöglicht.
Tempelinitiationen finden dann in einem wesentlich feierlicheren und aufwendigeren Rahmen in den Logen der Stadtegruppen statt, die einer Großloge oder Administration unterstellt sind.
Sie bieten Raum für ritualistische und gesellschaftliche Zusammenkünfte.
Sie unterscheiden sich nach der Ausprägung ihrer Mitglieder in Atrium, Pronaos, Kapitel oder Loge und kennzeichnen damit einen Aufstieg zum "höheren Tempel".
Zur Aufgabe einer Stadtegruppe gehört ebenso die Öffentlichkeitsarbeit, mit der sich der Orden allen Suchenden und der Öffentlichkeit vorstellt.
Die Mitgliedschaft in einer Stadtegruppe wird den studierenden Mitgliedern empfohlen, ohne sie dazu zu drängen.
Mir selbst sind etliche Mitglieder bekannt, die sich erst nach vielen Jahren Mitgliedschaft bei A.M.O.R.C. einer Stadtegruppe angeschlossen haben, oder später aus ihr auch wieder ausgeschieden sind.
Beides ist problemlos möglich.
Der Hauptsitz des Ordens befand sich noch bis vor wenigen Jahren im Rosenkreuzerpark in San José in Kalifornien.
Mit der Auslagerung der Obersten Großloge nach Montreal in Kanada dient dieser Park mit seinen Gebauden heute der Administration für Nordamerika.
Auch dieser Rosenkreuzerpark mit all seinen Gärten, Gebäuden und Museen, die jedem Besucher Bewunderung entlockt, ist das Werk von Dr. H. S. Lewis.
Dr. Harvey Spencer Lewis, erster Imperator von A.M.O.R.C.
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Die Gründung und Weiterentwicklung des Alten Mystischen Ordens vom Rosenkreuz war das Lebenswerk von Dr. Harvey Spencer Lewis, des ersten Imperators von A.M.O.R.C., weshalb seine Lebensgeschichte an dieser Stelle eingefugt wurde.
Wir entnehmen sie der Biographie, die sein Sohn Ralph Lewis unter dem englischen Titel COSMIC MISSION FULFILLED (Kosmische Mission erfüllt) verfaßt hat.
In dem ergänzenden Vorwort des bereits zitierten Buches ROSENKREUZERISCHE FRAGEN UND ANTWORTEN finden wir folgende Stelle über Dr. Lewis:
"Über ein viertel Jahrhundert hat er seine ganze Zeit und alle seine Talente der Verbreitung des Rosenkreuzertums in Amerika gewidmet ...
Wie die Führer des Rosenkreuzerordens der Vergangenheit war er auf diese gewaltige Aufgabe mit einer Vielzahl von Fähigkeiten und Talenten ausgestattet und vorbereitet worden, die ihn, zusammen mit seiner dynamischen Energie, zum Genie seines Aufgabengebietes machten.
Abb 47:
Harvey Spencer Lewis
Harvey Lewis erblickte am 25. November 1883 als Sohn des Graphikers Aaron Lewis und seiner deutschen Ehefrau Katharina Hoffman in Frenchtown im Staate Pennsylvania in den USA das Licht der Welt.
Die Vorfahren von Aaron Rittenhouse Lewis waren aus Wales nach Pennsylvania eingewandert und zählten zu den frühen rosenkreuzerischen Siedlern.
Katharina Hoffman wurde noch in Deutschland geboren und wanderte als junge Frau zusammen mit ihren Eltern in die USA ein.
Die Familie Lewis zog bald nach der Geburt des kleinen Harvey nach New York, wo sie sich im Stadtteil Manhattan niederließ.
Der instabile Gesundheitszustand von Harvey gab damals den Eltern oft Anlaß zu Besorgnis.
Von Geburt an zeigte Harvey größe Wißbegier und sobald er lesen gelernt hatte, interessierte er sich für popularwissenschaftliche Literatur, vor allem aber für Musik.
So gründete er bereits als Sechzehnjahriger ein Orchester mit dreiundzwanzig Instrumentalisten, das er bis zu seinem Schulabschluß 1899 selbst leitete.
Neben der Musik hatten ihn jedoch die naturwissenschaftlichen Experimente seiner Schule so sehr fasziniert, daß er seinen ersten Arbeitslohn dazu verwandte, sich das Material für ihre Wiederholung zu Hause zu besorgen.
Sein größes Talent ließ praktisch alles, was er anpackte, bis zur professionellen Perfektion reifen.
Um wissenschaftliche Bucher lesen zu können, bewarb sich der junge Harvey später bei einem wissenschaftlichen Verlag als Hilfskraft.
Sein Interesse an der Fotografie zusammen mit seinem handwerklichen Geschick ließ ihn selbst seine erste Kamera entwerfen und bauen.
Weitere Interessengebiete lagen in den Bereichen der Chemie und Elektrotechnik.
So besaß der junge Harvey die erste elektrische Klingel in seinem Wohnviertel, die über einen Akkumulator im Keller gespeist wurde.
Seine Eltern betrachteten so unterschiedliche Hobbys allerdings mit gemischten Gefühlen.
Wie viele amerikanische Familien war auch die Familie Lewis sehr fromm, und so mußte der kleine Harvey bis zu seinem sechzehnten Lebensjahr die Sonntagsschule der methodistischen Gemeinde in der 14. Straße besuchen, wo er auch im Kirchenchor mitwirkte.
Diese Zeit formte eine tiefe Religiosität in ihm und ließ ihn bereits in diesen frühen Jahren zahlreiche psychische Erfahrungen sammeln.
Nach seiner Schülausbildung bewarb er sich zunachst als Fotograf und eröffnete in Atlantic City sein eigenes fotografisches Portrait-Studio.
Darüber konnte er eine Menge bekannter Persönlichkeiten kennenlernen, die in seinem zukünftigen Leben noch eine wichtige Rolle spielen sollten.
Auch hatte er in der Druckerei seines Vaters das graphische Gewerbe erlernt, so daß er von seinen Freunden bald als "Hans Dampf in allen Gassen" gehanselt wurde.
Was Harvey's psychische Entwicklung betraf, so fielen bald seine hellseherischen Fähigkeiten auf, über die zahlreiche Beispiele bekannt geworden waren.
In diesem Zusammenhang kam er mit dem Chefredakteur des New Yorker EVENING HERALD in Kontakt, für den er später in einem Komitee für spiritistische Medien tätig werden durfte.
Im Marz 1903 gründete Harvey Spencer seine eigene Familie, der bald sein erster Sohn Ralph geboren wurde.
In dieser Zeit verdiente er seinen Lebensunterhalt hauptsachlich in der Werbebranche.
Daneben ubte er mindestens drei oder vier weitere Berufe aus, u. A. den des Direktors des New Yorker Instituts für Psychische Studien.
Das Lesen esoterischer Literatur gehörte ebenso zu seinen Hobbys wie die Arbeit als Kurzwellenamateur.
Als Schriftsteller hatte er sich außerdem im In- und Ausland einen Namen gemacht, so daß er sich häufig die Frage stellte, wohin ihn eigentlich alle seine unterschiedlichen Fähigkeiten führen wurden.
Auf der Suche nach Antwort auf seine Fragen zu den psychischen Phanomenen stieß er aber immer wieder auf die Rosenkreuzer, ohne daß ihm jemand erklaren konnte, was es damit für eine Bewandtnis hatte.
Auf seiner Suche nach Schrifttum hierüber dürchforschte er die öffentlichen Bibliotheken und kam dabei in Berührung mit der Reinkarnationslehre und den Mysterienschulen des alten Ägypten.
Ein Brief aus Frankreich brachte ihn 1909 schließlich auf die richtige Fährte.
Als ihn im gleichen Jahr sein Vater bat, ihn nach Frankreich zu begleiten, ließ er mit seiner Zusage nicht lange auf sich warten.
Was für ein "Zufall"!
Schon auf dem Schiff ereigneten sich "seltsame Kontakte".
Nach seiner Ankunft in Frankreich führte die Spur von Paris aus weiter nach Toulouse.
Nun übernahmen bestimmte Kontaktpersonen den weiteren Ablauf seiner Suche.
Im Kapitol der Stadt wurde Spencer Lewis erstmalig mit den überlieferten Rosenkreuzer-Traditionen bekanntgemacht:
in der "Salle des Illustre" durfte er den Ordensgroßmeister kennenlernen.
Außerhalb des Stadtzentrums, im Turm (Donjon) eines alten Gebaudes traf er dann am 12. August 1909 mit dem Sekretär des Ordens zusammen.
Seine rosenkreuzerische Initiation fand noch am gleichen Tag "in der alten Stadt Tolosa" statt, einer ehemaligen römischen Siedlung außerhalb der Stadtgrenzen.
Nachdem Spencer Lewis den Auftrag erhalten hatte, den Rosenkreuzerorden in Amerika wieder ins Leben zu rufen, kehrte er in die USA zurück und begann gemäß den Anweisungen diesen Auftrag in die Tat umzusetzen Bis zur offiziellen Gründung des Ordens führte er seine Arbeiten im New Yorker Institut für Psychische Forschung aus, dessen Leiter er war.
Nach mehreren vorbereitenden Sitzungen wurde dann am 7. Februar 1915 der Beginn eines neuen Aktivitätszyklus des Ordens in den USA verkundet und am 1. April 1915 der Oherste Rat des neuen Ordens gebildet, die Gründungscharta unterzeichnet und Spencer Lewis als Großmeister und Imperator eingesetzt.
Bereits am 13. Mai 1915 könnte die erste Konvokation im neu errichteten Tempel in New York dürchgeführt werden.
Von diesem Zeirpunkt an breitete sich der Orden rasch - von den Neuengland-Staaten ausgehend - über die gesamten USA aus.
Abb 48:
A.M.O.R.C.-Tempel
In den Archiven des Ordens lagert der Schriftverkehr, der Ende 1920 zwischen H. Spencer Lewis und Theodor Reuß stattgefunden hat, den wir im Zusammenhang mit dem A.T.O. kennenlernten.
Mit dem größer werdenden Bekanntschaftsgrad von A.M.O.R.C. kam es aber auch zu Disputen mit Vertretern anderer rosenkreuzerischer Schulen, u.a. mit Max Heindel und A. S. Clymer.
Spencer Lewis beschrieb Max Heindel später als einen "wahrhaft ergebenen Schüler mystischer Lehren"; er teilt jedoch nicht Heindels Auffassung "daß das Rosenkreuzertum eine Interpretation des Christentums" sei.
R. S. Clymer bezeichnete sich als Nachfolger von Dr. Paschal B. Randolph- der der englischen S.R.I.A. angehörte - und 1850 in Quakertown in Pennsylvania die Fraternitas Rosae-Crucis gegründet hatte, innerhalb der Clymer seine Literatur verbreitete, deren Gedankengut sich aber nicht mit dem von A.M.O.R.C. deckt.
Als eine seiner Hauptaufgaben betrachtete Spencer Lewis den ihm übertragenen Lehrinhalt des Ordens, der bisher in Europa nur von Mund zu Ohr weitergegeben worden war, in schriftlicher und dem Zeitgeist entsprechender Form festzuhalten.
Die größen Entfernungen zwischen den Zentren des Ordens in den USA machten modernere Vermittlungsmethoden unümganglich:
wir bezeichnen sie heute als Fernkurse.
Auch für die Initiationen mußten neue Wege beschritten werden, vor allem für die Schüler, die nur gelegentlich einen Rosenkreuzertempel besuchen konnten.
Fur diese Aufgaben war Spencer Lewis durch seine vielseitige Ausbildung und sein Organisationstalent prädestiniert.
Die Ordenszentrale, schon 1919 nach Kalifornien verlegt, bezog A.M.O.R.C. endgultig 1927 in San José (im heutigen Silicon Valley).
Davor hatte A.M.O.R.C. ein Stuck Land in der Nahe von Monterrey und Carmel erworben, "wo der erste Rosenkreuzertempel von Alden an der Pazifikkuste errichtet worden war".
Die temporare Verlegung der Zentrale nach Tampa, Florida (1926-27), diente - wegen seiner Nahe zu Puerto Rico - dem Aufbau einer Organisation für den spanischen Sprachraum in Amerika.
DerAmerikaner Paschal B.Randolph (l825 - 1875) war Mitglied, vielleicht sogar Gründer der Hermetischen Bruderschaft von Luxor (oder des Lichts) H P. Blavatsky erwähnt diesen esoterischen Orden in ihren Schriften Der Innere Kreis des O T. O bearbeitet die geheimen Lehren dieses Ordens. Randolphs MAGIA SEXUAIIS wurde über eine von der Polin Mi de Naglowska, eines Mariaviten-Bischofs, in Paris veröffentlichren Übersetzung aufrerhalb des
Ordens bekannt .
So beschränkten sich die Aufgaben Spencer Lewis später nicht nur auf seine eigene Jurisdiktion; auch aus Europa erreichten ihn Gesuche; z.B. suchteJean Mallingeraus Belgien 1933 Kontaktzu A.M.O.R.C. und wandte sich dazu an den Imperator.
Dieser Kontakt führte zur Gründung des "Universellen Bundes der Initiatenorden und -vereinigungen F.U.D.O.S.I" , der später eine wichtige Rolle bei der Übertragung der alten Traditionen - einschließlich der des Traditionellen Martinisternordens- über den Atlantik (in beiden Richtungen) vor und nach den Kriegsjahren spielen sollte.
Harvey Spencer Lewis überschritt die Schwelle ins Jenseits am 2. August 1939.
Ab diesem Zeitpunkt übernahm sein Sohn Ralph Maxwell Lewis die Aufgabe als Imperator von A.M.O.R.C.
Die Anfange in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg
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Nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges finden sich vereinzelte Mitglieder der alten "Gustav Meyrink" Loge in Munchen mit Suchenden der rosenkreuzerischen Traditionen zusammen.
Sie haben über eine Annonce in amerikanischen Zeitschriften von A.M.O.R.C. erfahren und mit diesem Orden Kontakt aufgenommen.
Als die Zahl von fünfzig Mitgliedern erreicht ist, verkundet der Orden "per Manifest" vom 6. Dezember 1949 die Gründung der deutschen Großloge des Antiqua Mystica Ordo Rosae Crucis Germaniae .
Da die A.M.O.R.C.-Rituale erst später verfugbar werden, arbeitet die Gruppe zunachst gemäß den alten Rosenkreuzerritualen.
Dazu richten sie in Munchen an zentraler Stelle ein Sekretariat und einen kleinen Tempel ein.
Hier beginnt man damit, die Monographien aus dem Englischen zu übersetzen und die Mitgliedschaft zu organisieren.
Die Hefte der Privatpublikation Lux ROSAE CRUCIS dieser Jahre geben ein anschauliches Zeugnis über das hohe Niveau der Arbeiten bei der Verbreitung des rosenkreuzerischen Gedankengutes.
Bereits am 25. August 1951 findet in Munchen der erste Konvent des Ordens unter Teilnahme des Imperators Ralph A. Lewis statt.
Im Januar 1952 wird der Ordensrat neu konstituiert und im Lauf der nachfolgenden Jahre eine engere Anbindung an die Oberste Großloge in San José beschlossen, so wie das bereits der Großteil der übrigen europaischen Administrationen praktiziert.
Aus diesen bescheidenen Anfangen heraus entwickelt sich im Laufe der Jahre die Jurisdiktion für die deutschsprachigen Lander, der derzeit etwa 3000 Mitglieder angehören.