Unsere Geschichtsforscher fuhren die Anfange der Mysterien meist auf die Fruchtbarkeitsriten zurück.
Haben diese sich wirklich erstmalig an den Ufern des Nils entwickelt, wie manche glauben? Religion und Kultur im Land der Pyramiden sollen das Grundmuster für die ersten Mysterienschulen geformt haben.
Sie vermittelten das Wissen um die Zusammenhange zwischen dem Leben und seinem Ürsprung.
Im Mythos von Tod und Wiederauferstehung des Osiris verbarg sich eine umfangreiche Philosophie der Unsterblichkeit der Seele.
Der Romer Plutarch meint dazu, " das diese Legende eine Art von Betrachtung enthalte, die den eigentlichen Sinn anderer Dinge in Opfer und Trauer verberge; (sie fande sich) aber auch in der Anordnung der Tempel, die sich in einigen bereichen in weiten Saulenhallen und den für Licht und Himmel offenen Atrien ausdehnten, und zum anderen (sich) in verborgenen unterirdischen Verließen und dunklen Galerien und Vorkammern (ausdruckten).
" Mit anderen Worten gesagt, die Architektur der alten ägyptischen Tempel stelle das glorreiche Leben des Osiris, seinen Tod, sein Verweilen in der Unterwelt und danach seine Wiederauferstehung dar.
" Dieses Wissen war ursprünglich nur im besitz weniger Priester und Wurdentrager.
In der 18e Dynastie drangten die Weisen am Hof des Pharao darauf, dieses Wissen für Suchende (Neophyten) zu öffnen.
Wollte man eine breitere basis dafür herstellen oder gab es noch andere Grunde?
Mittels Initiation sollte jedenfalls den sorgfaltig ausgewählten Anwartern in den Mysterienschulen das höhere Wissen übertragen werden, das den Profanen unzuganglich blieb.
Nur auf diese Weise vermochten die Suchenden alle Worte, rituelle Handlungen und Symbole der Priester auf Dauer tiefer zu erfassen.
Wir mussen uns Dabei vergegenwartigen, dag sich der Erwerb dieses Wissens mit großer Gefahr für Leib und Seele verband und in den zukünftigen Neophyten Todesangste geweckt haben mußte, da er nicht, wie heute, fast ausschlieglich mit Symbolik zu tun hatte.
Wer sich bei und nach einer Initiation als unwurdig erwies oder die Geheimnisse verriet, war in der Regel dem Tod geweiht.
Im Mittelpunkt der Mysterien stand der Mythos des göttlichen Paares: Osiris, der ursprünglich den Nil symbolisierte, und seine Schwestergattin Isis, welche das vom Nil überschwemmte Land verkörperte.
Dem neidischen bruder Seth gelang es, Osiris zu ermorden und in den Nil zu werfen, wo er von Isis gefünden wurde.
Die Trauerklagen von Isis und ihrer Schwester Nephtys finden sich in den Hymnen der Isis-Mysterien wieder.
Osiris, zuvor Konig der Lebenden, herrschte nun über das Totenreich.
Nach einer späteren Fassung raubte Seth der Isis erneut den Körper ihres toten Gatten und zerstuckelte ihn in vierzehn Teile, die er über das gesamte Land verteilte.
Isis gelang es jedoch - bis auf den Phallus - alle Teile zu finden, wieder zusammenzusetzen und ihren Gatten zum Leben zu erwecken.
Dadurch ßewies sie, Unsterblichkeit verleihen zu können.
In den Mysterien mußte nun der Neophyt den mystischen Tod im Tempel, dem Sitz der Gottheit, bewußt nachvollzichen.
Wer wie Osiris wiedergeboren werden wollte, hatte die fürchtbaren Prufüngen des symbolischen Todes auf sich zu nehmen.
Bestand er diese Prufüngen, wurde er in einer Prozession über die Säulenhalle in das Tempelinnere gefuhrt, an dessen Schwelle folgende Worte eingraviert waren: "Rein ist, wer diese Schwelle überschreitet.
"Im letzten Abschnitt des Tempels befand sich das Allerheiligste als Granitblock, der nach oben in einer Pyramide endete.
In einer Öffnung, hinter dichten Schleiern verhullt, thronte die Gottheit.
Nur ein Eingeweihter, der die strengen Prufüngen bestanden hatte, wurde zu diesem heiligen Stein gefuhrt, "um dem einzigen wahren Gott zu begegnen".
Durch Eumolpos, der die Mysterien vielleicht selbst in Ägypten empfangen hatte, sollen sie später nach Eleusis in Griechenland gelangt sein, denn er wird als ihr Stifter genannt.
Hier werden sie durch den Zaüber des rhythmischen Tanzes und melodischen Gesangs zum Ausdruck gebracht.
Als Hauptdarsteller im dramatischen Geschchen dienen in Eleusis der Hierophant, der Hohepriester, dem die Rolle des Zeus zufallt; seine Gattin, die Hierophantin, stellt Demeter dar.
Dem Fackelträger, dem Daduchos, kommt die zweithöchste Wurde in der eleusinischen Hierarchie zu.
Der heilige Herold, der Hierokeryx, hat die Einzuweihenden während der Feier durch Zurüfe und Erklärungen auf das, was geschicht und zu beobachten ist, aufmerksam zu machen.
Ihm entspricht die dritthöchste Wurde.
Auch bei den griechischen Mysterienkulten werden Uneingeweihte, die sich einschleichen wollen, mit dem Tode bestraft.
"Nachdem Griechenland langst römische Provinz geworden war, führen die Eleusinischen Geheimfeiern fort, sich größten Ansehens zu erfreuen, weil es in Rom Mode geworden war, in Eleusis die Weihe zu empfangen und weil die meisten römischen Kaiser sich hatten einweihen lassen und Eleusis in jeder beziehung schützten und bevorzugten.
Sucher des Lichts hat es zu allen Zeiten gegeben.
In der Antike bieten sich aber noch wenig Möglichkeiten, Kontakte mit anderen Gleichgesinnten zu pflegen.
Meist muß der Suchende klösterliche Zurückgezogenheit und asketische Lebensweise auf sich nehmen, will er Meister und Mitschuler treffen.
Eine der ersten uns geschichtlich überlieferten Brüderschaften ist die der Pythagoräer.
Der griechische Weise Pythagoras grundet sie wahrscheinlich noch selbst auf seiner Heimatinsel Samos, und sie breitet sich bald über die gesamte griechische Welt mit ihren Kolonien aus.
Bevor Pythagoras in die griechische Kolonie Unteritaliens einwanderte, hatte er ßereits ein vielseitiges Leben hinter sich: Als Jungling erwarb er bei den 48. Olympischen Spielen als boxer olympische Ehren.
Später fuhrte ihn seine Erkenntnissuche nach Ägypten, wo er in die Mysterien eingeweiht wurde.
In Gefangenschaft geraten, soll er nach Babylon deportiert und in Persien ein Schuler Zarathustras gewesen sein; jedenfalls entwickelte er seine Ideen vom "Gefängnis der Seelen" nach altpersischer Vorstellung, die später Plato übernahm.
Mit sechsundfünfzig Jahren kehrte er dann wieder in die Heimat Samos zurück und grundete dort seine beruhmte Mysterienschule.
Unter dem Tyrannen Polykrates mussen er und seine Anhanger jedoch Samos verlassen.
Sie schiffen sich im Jahre 529 v. Chr. nach der griechischen Kolonie Magna Graecia in Unteritalien ein, wo sie in Kroton ihre bruderschaft weiter ausbauen.
Die Pythagoräer sind an ihren Tuniken aus weißem Leinen zu erkennen.
Ihr Tagesablauf verlauft nach strengen Regeln, die der körperlichen und moralischen Ertuchtigung dienen sollen.
Sie bestehen aus rituellen Waschungen, Gedachtnistraining, Studium der Lehren und gemeinsamen Mahlzeiten mit aufeinander abgestimmten Speisen (bei denen bekannterweise auf bohnen verzichtet werden muß).
Weiterhin pflegen sie Musik, Tanz und Meditation.
Die Lehren beinhalten Mathematik, Geometrie (Goldener Schnitt), Zahlenmystik, harmonikale Gesetze und Spharenmusik.
Das Tagewerk wird nie ohne den obligatorischen Tagesrükblick abgeschlossen.
Nach der pythagoraischen Lehre entsteht durch den Schöpfungsprozeß die Ordnung aus dem Chaos.
Pythagoras verwendet wohl zum ersten Mal den Ausdruck "Kosmos" für die Ordnung der Schöpfung.
Sogar das Wort "Philosophie" soll auf ihn zurückgehen.
Im Jahre 450 v. Chr. zerbricht jedoch der Stadtebund von Magna Graecia infolge einer Reihe von Volksaufstanden und mit ihm dieser Initiatenorden.
In den nachfolgenden Unruhen mussen viele Mitglieder ihr Leben lassen, andere zichen das Exil vor, wie Philolaos und Lysis, die uns das Wissen über die Bruderschaft überliefert haben.
Die blutezeit der Essenerbruderschaft in Palastina und Ägypten entwickelte sich aus heutiger Sicht nach dem Makkabaeraufstand (164 v. Chr. ) und endete mit der Eroberung Palastinas durch die Römer im Jahr 70 n. Chr.
Sie selbst führen sich bis auf die Zeiten des Moses zurück.
Auf griechisch werden ihre Mitglieder "Therapeuti" genannt, weshalb dieser Name oft auf ihren ägyptischen Zweig bezogen wird.
Die Geschichtsschreiber Philo von Alexandria und Josephus Flavius berichten über sie.
In unserer Zeit bestätigen das Wissen über das Leben der Essener, das auch verschiedene Bruderschaften tradieren*, die Funde der Schriftrollen von Nag Hammadi (1945) und Qumran (1947).
Die zeitweilig vielleicht mehr als viertausend Bruder und Schwestern der Essener verteillen sich zumeist in kleineren Siedlungen über ganz Palastina.
Sie forme:n neben den Pharisäern und Sadduzäern eine dritte religiöse Schule unad unterscheiden sich von diesen hauptsächlich durch ihren eigenen (Sonnen-)Kalender und ihrer noch strengeren Auslegung der mosaischen Gesetze.
Sie sind überzeugt, daß der "Alte Bund" Gottes mit Israel wegen des Ungehorsams des jüdischen Volkes zerbrochen sei.
So bezeichnen sie sich als die Gemeinde des "Neuen Bundes".
Sie Leben in Gütergtemeinschaft In ihren Klosteranlagen soll bereits jeder seine Einzelzellee besessen und nur zu den Mahlzeiten den gemeinsamen Speisesaal benutzt haben.
Hier wird auch ein Brudermahl mit brot und Wein zelebriert.
Wie die Pythagoräer, so kleiden sich auch die Essener in weiße Gewander Strenge Vorschriften regeln ihre Körperpflege und peinlichste Reinlichkeit.
Zu ihrer ständigen bereitschaftsausrustung gehört so eine Hacke, mit der sie ihre Körperausscheidungen vergraben.
Bei ihrer Aufnahme in den Orden geloben sie, Gott zu ehren und dem Nachsten stets gerecht und vorurteilsfrei zu begegnen.
Der Orden kennt keinen Privatbesifz, sondern nur Gemeinschaftsvermögen, aus dem alle versorgt werden.
Die Lehre der Essener beinhaltet neben der jüdischen Tradition pythagoraisches griechische, chaldaische und auch ägyptische Elemente.
Sie erwarten einen Messias, den ihre Überlieferungen weissagen.
Eine mystisch verhullte Geheimlehre über Engelwesen steht in enger Verbindung mit einem Offenbarungswissen über die menschliche Seele.
Durch strenge Askese und geistige Ubungen streßen sie ihre Seele vom negativen Karma vorangegangener Generationen zu befreien, das bis zur zweiundvierzigsten Generation zurückreichen kann.
Interessanterweise zählt der Evangelist Matthaus bei der Verkündigung von Jesu Geburt beginnend mit Abraham ebenfalls zweiundvierzig Vorfahren auf.
Es bleibt aber nicht das einzige Indiz, das ihn der Zugehörigkeit zu den Essenern verdachtig macht.
Im Pantheon der ägyptischen Götter kommt der ibisköpfigen Gestalt von Thot für die Elltwicklung der Wissenschaften und Mysterienkulte im Niltal eine besondere Rolle zu.
Ihm schreibt man nicht nur Erfindung und Entwicklung der Schrift zu, sondern die Wissenschaften überhaupt, deren Personifizierung er wird, vor allem der Medizin, Astronomie und Magie.
Zusammen mit seiner Gattin Maat, die Gerechtigkeit und Wahrheit verkörpert, führt er als Archivar des göttlichen Gerichts über das weitere Schicksal eines Verstorbenen buch.
Als bringer des göttlichen Lichtes in seinem nachtlichen Aspekt verkörperte er letztendlich auch die Mysterien.
Im Verlauf der wechselhaften Geschichte des Neuen Reiches muß auch Thot seine geistige Wiedergeburt des öfteren miterleben.
Als unter der griechischen und später der römischen Herrschaft das Pantheon ihrer jeweiligen Gottheiten um die ägyptischen erweitert wird, verschmelzt seine Person mit der des Götterboten Hermes (und späteren Merkurs).
Wie in seiner vorherigen Inkarnation bleibt ihm auch in seiner neuen Rolle die Aufgabe als göttlicher Reisebegleiter in die Unterwelt erhalten, doch tragt er nun häufig "geflugelte Sandalen".
Als sich im 3. vorchristlichen Jahrhundert Alexandria als Zentrum der therapeutischen, gnostischen und anderen mystischsn strömungen herauskristallisiert, entsteht hier auch eine Fulle von "alchimistischen" Werken, bei denen es sich um die Fortführung der- um die griechische Denkweise erweiterten - alten ägyptischen Traditionen zu handeln scheint.
Der Name Thot-Hermes mag zu dieser Zeit nur noch für einen Ehrentitel stehen.
Zumindest glaubt man, daß mit ihm verschiedene Personen tituliert werden, unter ihnen der "dreifach große Hermes Trismegistos".
Die alexandrinischen Alchimisten stellen ihn als begrunder ihrer Kunst vor, wenn diese zur damaligen Zeit vielleicht auch schon in China und Indien ßesteht.
In griechischer Sprache abgefaßt, beinhalten die ihm zuerkannten Schriften praktisch die gesamte agyptische Esoterik, nunmehr als "Hermetik" bezeichnet.
Der Kirchenvater Clemens von Alexandria (ca. 150 - 213 n. Chr.) spricht im Zusammenhang mit den ägyptischen Zeremonien von zweiundvierzig Schriften des Hermes.
Andere Zeitgenossen setzen diese Zahl wesentlich höher an.
Uns sind heute leider nur mehr wenige davon erhalten gebließen, wie die im CORPUS HERMETICUM enthaltenen Dialoge zwischen Hermes, seinem Sohn Tat und Asklepios.
Der PIMANDER beschreibt die Erschaffung der Welt und ASKLEPIOS die ägyptische Religion mit ihren magischen Riten, mittels denen steinerne Götterbilder zum Leben erweckt werden können.
In einer dritten Gruppe, die nur mehr in Fragmenten erhalten blieb, vermischen sich ägyptische Elemente mit solchen jüdischen und persischen Ursprungs.
Alchimie, Astrologie und Magie bilden auch den Hauptinhalt in Claudius Ptolemaus TETRABIBLOS.
Clemens von Alexandria har sie bei der Abfassung seiner STRONIATES stets bei der Hand.
Später werden sie aus den christlich orientierten Bibliotheken verbannt, und das Abendland erlangt erst wieder über die Araber Kenntnis darüber.
Sie darf in keinem Ansatz unserer Geschichte fehlen, da sie als erste offen verkundet, was vordem nur unter Priestern und Eingeweihten kursiert.
Den griechischen Philosophen gilt das Streben nach Wissen um seiner selbst willen.
Um die Zeitenwende beeinflußt ihre Denkweise praktisch alle Wissensbereiche der Alten Welt und formt, wie wir noch sehen werden, auch maßgeblich den Glaubensinhalt des Christentums und die abendlandische Denkweise.
Der Leser möge bei der Lekture dieses Abschnitts zur weiteren Vertiefung in seinen Geschichtsbuchern oder denen seiner bucherei angeregt werden; eine auch nur annahernd vollständige Aufzahlung ist nicht beabsichtigt.
Es werden deshalb nur solche Philosophen aufgeführt, die in irgendeiner Weise am Außbau des okkulten Wissens beteiligt sind.
In ihrer mehr als achthunderjahrigen Geschichte bringt die "klassische" griechische Philosophie u.a. folgende Schulen hervor:
• Die Philosophenschule von Milet: Thales (ca. 625 - 545 v. Chr. ) als ihr bekanntester Vertreter, Zeitgenosse von Krösus und Solon, erklart als erster die Entstehung der Welt nicht mehr nur mythologisch sondern wissenschaftlich.
Der Urgrund aller Dinge ist für Thales das Wasser, aus dem alles entstanden sein soll.
• Für den Mathematiker, Astronomen und Geographen Anaximander (ca. 611 - 545 v. Chr. ) kennzeichnet diesen Urgrund das unendliche und unbegrenzte Apeiron (das Unbestimmte).
Der Astronom Anaximenes (ca. 585 - 525 v. Chr. ) halt schließlich die Luft für den Urstoff, aus dem sich die anderen drei Elemente durch Verdichtung gebildet haben sollen.
• Der bekannteste Vertreter der Schule von Ephesus, Heraklit (ca. 544 - 483 v. Chr. ), philosophiert als erster spekulativer Philosoph über das Denken selbst.
Alles komme aus dem EINEN, sei dem ewigen Wechsel unterworfen und strebe schließlich dem EINEN wieder zu.
Deshalb kehre auch die Welt der Gegensatze letztendlich wieder zur großen Harmonie der Einheit zurück.
• Die Schule der Pythagoräer wird nach ihrem Grunder Pythagoras (ca. 570 - 496 v. Chr. ) aus Samos benannt.
Seine Gemeinschaft haben wir bereits in dem Abschnitt über die bruderschaften der Antike kennengelernt.
Pythagoras verdanken wir unsere Grundkenntnisse der Arithmetik, Musik, Geometrie und der Sphärik sowie das Wissen über die Zusammenhänge zwischen Harmonie und Zahl.
Für Pythagoras als Wissenschaftler und religiöser Erneuerer bedeuten die Zahlen Schöpfungsprinzipien.
Er lehrt auch als erster, daß die Seele unsterßlich sei.
• Die Schule der Eleaten zählt zu ihren bekanntesten Vertretern Parmenides (ca. 540 - 480? v. Chr. ) und seinen Lieblingsschuler Zenon (ca. 490 - 430 v. Chr. ), den "Erfinder der Dialektik" (der Suche nach Erkenntnis durch die Überwindung von Widerspruchen).
Gemäß Parmenides habe das Sein niemals einen Anfang gehabt und werde auch kein Ende finden.
Zur Wahrheit führen nicht die Sinne, sondern die Vernunft.
Was uns bewußt werde, forme unsere Realität.
"Denken ist Sein" nimmt das "Cogito ergo sum" des Philosophen Descartes ca. 2400 Jahre vorweg.
Die sinnliche Wahrnehmung bleibe trügerisch, weil sie uns anstelle des dauerhaften Seins eine Vielheit veränderlicher Dinge vorspiegele.
• Die Schule der "jungeren" Naturphilosophie verßindet die eleatische Seinslehre mit der Lehre über das "Werden" der Dinge.
Anaxagoras (ca. 500 - 428 v. Chr. ) wändert 463 aus Kleinasien nach Athen aus und wird Freund von Perikles und Euripides.
Seine Welt aus unverganglichen Teilchen entsteht aus dem Chaos des Urzustandes durch eine Wirbelbewegung des Nous.
Durch Scheidung sei vom fluchtigen Ather bis zu den Meteoriren alles entstanden.
Werden und Vergehen sollen deshalb besser Mischung und Trennung genannt werden.
• Der Ingenieur, Arzt und Priester Empedokles (ca.483 - 423 v. Chr. ), ein hervorragender Redner der Volkspartei, wird als Vater der Rhetorik betrachtet.
Er fügt die Erde als viertes alchimisches Element dem Wasser des Thales, der Luft des Anaximenes und dem Feuer Heraklits hinzu.
Der Urstoff werde vom band der Liebe zusammengehalten; durch Mischung dieses Stoffes entstanden jedoch gegensatzliche Krafte wie Liebe und Haß, die zur Trennung fuhrten.
Alles Sein besitze Denkkraft.
Die Entstehung von Pflanzen und Tieren bringt ihn auf die Selektionstheorie, zweieinhalb Jahrtausende vor Darwin.
Seine Gottesauffassung beruht auf der Idee "eines heiligen und unaussprechlichen Geistes, der mit schnellen Gedanken den ganzen Weltenbau durchfliegt".
Die Seelen(-persönlichkeit) entwickele sich in Lauterungsperioden bis zur höchsten menschlichen Stufe, von wo aus sie in ihre Urheimat zurückkehren könne.
Der Thrakier Demokrit (ca. 460 - 371 v. Chr. ) verwendet sein bedeutendes Vermögen für zwei große Forschungsreisen in das Morgenland und lebt nach seiner Ruckkehr ein beschauliches Leben in seiner Heimatstadt Abdera.
Der wohl bekannteste Teil seiner Philosophie besteht in seiner Lehre von den Atomen und vom leeren Raum.
Sein Werk NATUR UND MYSTIK sollte später in der TURBA PHILOSOPHORUM großen Einfluß auf die Alchimisten bei uns nehmen.
• Sokrates und die Sophisten: ßis um die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. pflegt man die Philosophie in fest geschlossenen Schulen.
Mit den Sophisten tritt sie nun hinaus auf den Marktplatz, die Agora, hinaus ins öffentliche Leben, das sich in ungeahnter Fulle und Lebendigkeit zu entfalten beginnt.
Nach dem Sieg über die Perser wird Athen Erbin des zerstörten Milet.
Wer politisches und soziales Ansehen gewinnen will, bedarf jetzt mehr als nur ein aristokratisches Vaterhaus, er muß neben bildung auch Redegewandtheit besitzen.
Die in rascher Folge hintereinander entwickelten metaphysischen Systeme aus Milet und Elea haben sich derweil erschöpft; die Zuverlassigkeit der Sinnenerkenntnis durch die großen nachfolgenden Denker ist erschuttert worden.
Es erheßt sich die Frage nach der Existenz von allgemeingultigen Wahrheiten.
Nach Protagoras (ca. 485 - 415 v. Chr. ), einem Landsmann Demokrits aus Abdera, sei der Mensch das Maß aller Dinge, der seienden, daß sie sind, der nicht seienden, daß sie nicht sind.
Jede Vorstellung besitze relative Wahrheit, allgemeingultige Wahrheiten gebe es keine.
Protagoras folgen eine lange Reihe von redegewandten Sophisten, denen Sokrates (469 - 399 v. Chr. ) entgegentritt.
Dieser zeichnet sich durch ein tugendreiches Leben aus, durch Rechtschaffenheit, Sittenreinheit, Bedurfnislösigkeit, Freimutigkeit, Menschenfreundlichkeit, Religiosität und Liebenswurdigkeit, aber auch durch Schlagfertigkeit, Witz und Humor.
Er weiß, "daß er nichts wisse" und drangt sich und seine Schuler zur Selbstbesinnung und zur Prufüng alles vermeintlichen Wissens.
Jeder musse selbst zur Wahrheit finden, das sei die Quintessenz seiner Philosophie.
Dadurch finde er zur Definition der Dinge und begriffe.
Seine Untersuchungen folgen dem Weg der induktiven Methode immer vom Gangbaren zum Abstrakten.
Damit gelangt er zu seiner Ethik.
Niemand handele mit Absicht schlecht, es fehle ihm nur die Einsicht! Sokrates' Gottesvorstellung weist monotheistische Zuge auf: schon die zweckmäßige Einrichtung des Weltalls deute auf eine weise, alles lenkende Gottheit hin.
Nachdem ein Gericht Sokrates dazu verurteilt hat, den Schierlingsbecher zu trinken (wegen Einführung neuer Götter und Verführung der Jugend), tritt Platon seine Nachfolge an.
• Die Schuleder"klassischen"Philosophen: Platon (427 - 347 v. Chr. ) dankt den Göttern für vier Dinge: daß er geboren sei als Mensch, als Mann, als Grieche und als ßurger Athens zu Sokrates' Zeit.
Sein uns überliefertes Werk umfaßt fünfunddreißig Dialoge und eine Sammlung von briefen.
Durch ihn haben wir genaue Kenntnis über seinen Meister Sokrates, der uns selbst keine Schriften hinterließ.
Platon unternimmt den ersten wissenschaftlichen Versuch, die Frage nach der Erkenntnis zu stellen.
Die Wissenschaft von den reinen Ideen nennt er Dialektik, weil sie in der Unterredung mit anderen oder auch im Zwiegesprach mit sich selbst begriffe erzeuge, die in das Reich der Ideen führe.
In der Physik faßt er den Schall als Schwingungsbewegung auf, erklärt die Erscheinungen von Magnetismus und Elektrizitat und glaubt bereits an die Achsendrehung der Erde.
Das Lebenswerk seines thrakischen Schulers (und des späteren Lehrers Alexander des Großen) Aristoteles (384 - 322 v. Chr. ) hat nicht nur auf die Denkweise des ausgehenden Altertums Einfluß genommen, sondern über die Scholastiker auch die des abendlandischen Mittelalters geprägt.
Aristoteles ist ein Universalgenie, und sein Werk beinhaltet neben seinen philosophischen Schriften zahlreiche Abhandlungen über Zoologie, Anatomie, Physiologie etc.
Seine pragmatische Vorstellungsweise in der Philosophie leitet sich immer vom Allgemeingultigen ab, das nur der logischen bearßeitung bedarf.
Das letzte Ziel seiner Philosophie dient der Erkenntnis des Seins.
Aber er sucht das Wesen der Dinge in ihnen selbst und begrundet so die formale Logik, welche die Grundbegriffe wie Wesen und Substanz (ousla), Quantitat und Qualitat etc. beinhaltet.
Seine Erkenntnis, das sich Urteile über die Verknüpfung von begriffen zu Schlussen und beweisen zusammensetzen, greift später die mittelalterlich kirchliche Dogmatik auf.
Nie existiere ein Stoff ohne alle Form, wohl jedoch ein selbständiges Prinzip der Formen.
Erster beweggrund aller Dinge sei der göttliche Geist (Nous), ewig, unveränderlich, getrennt von allem ubrigen und doch die Ursache desselben.
Im Wesen und in der Ursache aller Dinge ruhe ein Zweck.
"Die Natur tut nichts umsonst!" Im Unterschied zu seinem Lehrer Platon halt er die Seele für sterßlich, ganz im Gegensatz zum Intellekt, der durch die Tätigkeit des Denkens und der Vernünft das Menschliche schlechthin reprasentiere.
Als "Vater der Zoologie" beschreibt Aristoteles 581 Tierarten, deren Untersüchung ihm viele in Honig konservierte Kadaver ermöglichen, die ihm Alexander der Große auf seinen Eroberungsreisen zukommen ließ.
So erkennt Aristoteles - neben zahlreichen Fehleinschatzungen (wie dem Phanomen der "Urzeugung") - z. b. als erster, daß es sich bei den Walen um Saugetiere handele und daß der Schwanzeltanz der bienen der Verstandigung diene.
Mechanik und Mathematik interessieren ihn jedoch weniger.
Wie Sokrates, so erliegt auch Aristoteles dem Rankespiel der Priesterschaft, die nach dem Tod seines Freundes und Gönners Alexander des Großen seine Hinrichtung oder Verbannung fordern.
Er stirbt wenige Monate nachdem er seine Verbannung nach Chalkis auf Euboä angetreten hatte.
Mit seinem Tod endet auch die Epoche der großen Denker auf griechischem boden.